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Pierogarnia „Stary Toruń“

Wer die vielfältigen Möglichkeiten, Piroggen zu genießen, ausgiebiger erkunden möchte, sollte einen Besuch im „Alt-Thorn“ nicht versäumen.

Thorn bie­tet sei­nen Tou­ris­ten als kuli­na­ri­sche Lecker­bis­sen nicht allein die legen­dä­ren „Thor­ner Kath­rin­chen“, son­dern auch schmack­haf­te Pirog­gen. Die­ser Spe­zia­li­tät der ostmittel‑, nordost- und ost­eu­ro­päi­schen Küche haben sich meh­re­re ein­schlä­gi­ge Restau­rants der Stadt ver­schrie­ben. Zwei die­ser Häu­ser – neben dem „Alt-Thorn“ auch die „Alte Müh­le“ (Sta­ry Młyn) – gehö­ren zur Ket­te „Piro­gar­nia Sta­ry Młyn“, die auch in Brom­berg, Dan­zig und Bres­lau ver­tre­ten ist.

Das „Alt-Thorn“ befin­det sich in der Alt­stadt, und zwar gegen­über dem Kopernikus-Gymnasium. Das Gebäu­de ist ein altes Hand­wer­ker­haus aus dem 18. Jahr­hun­dert. Wer durch den Glas­vor­bau hin­durch­ge­gan­gen ist, gelangt in beson­ders gemüt­li­che, im obe­ren Stock sogar etwas ver­win­kel­te Gast­räu­me, kann über die Trep­pe aber auch den moder­nen Glas­an­bau errei­chen, in dem es sich nicht min­der ange­nehm spei­sen lässt.

Bei der Kar­te blei­ben kaum irgend­wel­che Wün­sche offen. Die tra­di­tio­nel­len, in Was­ser gekoch­ten, hel­len Teig­ta­schen (Lepio­chy) wer­den eben­so ange­bo­ten wie die Pirog­gen aus dem Back­ofen (Pie­cuchy). Die Fül­lun­gen bestehen ent­we­der aus Fleisch oder sind vege­ta­risch gehal­ten ;  dar­über hin­aus gibt es natür­lich auch süße Vari­an­ten, z. B.  mit Milch­scho­ko­la­de oder fri­schen Äpfeln mit Zimt. Bei den viel­fäl­ti­gen Fül­lun­gen fällt die Wahl nicht leicht. Erhält bei­spiels­wei­se das Fleisch mit Pil­zen (Cio­ci­ne) den Vor­zug vor den Kar­tof­feln mit Zwie­beln und Speck – oder soll es mit Rind­fleisch, Zwie­beln, Papri­ka und Gewürz­gur­ken nicht lie­ber doch „teuf­lisch“ pikant zuge­hen (Dia­bel­s­kie) ?  Klug ist auch das Ange­bot der Gas­tro­no­men, eine klei­ne oder eine gro­ße Plat­te mit fünf bzw. neun Teig­ta­schen zu bestel­len. Dabei darf frei­lich jeder Gast, der sich viel­leicht über­schätzt hat, die über­zäh­li­gen Stü­cke bequem mit nach Hau­se neh­men. Wenn sich jemand sei­nes Hun­gers (und Fas­sungs­ver­mö­gens) aller­dings ganz sicher ist, kann er sich auch eine Rie­sen­por­ti­on (Wiel­kie Żar­cie) kom­men las­sen und dem Essen eine olym­pi­sche Note ver­lei­hen: Wer eine Plat­te mit 22 – in frei­er Wahl zusam­men­ge­stell­ten – Lepio­chy bzw. Pie­cuchy inner­halb von 38 Minu­ten ver­speist, zahlt nur die Hälf­te des Preises.

Neben den klas­si­schen Pirog­gen, den Kern­stü­cken der Kar­te, gibt es natür­lich noch viel­fäl­ti­ge wei­te­re Ange­bo­te an mür­ben Teig­ta­schen, Kar­tof­fel­puf­fern oder die in reich­lich Fett gebra­te­nen „Cze­bu­rek Kre­so­wy“. Bei all die­sen Spei­sen beru­fen sich die Köche auf das wer­be­wirk­sam ent­wi­ckel­te „Bab­ci­ny Cer­ty­fi­kat”, das Großmutter-Zertifikat, durch das die Authen­ti­zi­tät der Rezep­te betont wer­den soll. Schließ­lich fin­den die Gäs­te schmack­haf­te Sup­pen, Sala­te und, sofern dafür noch Kapa­zi­tä­ten übrig sind, ver­lo­cken­de Desserts.

Wer die „Pie­ro­ga­nia“ auf­sucht, soll­te sich neben dem wohl­be­grün­de­ten gas­tro­no­mi­schen auch von einem stadt­ge­schicht­li­chen Inter­es­se lei­ten las­sen. Der Name der Stra­ße – „Pau­la­ner­brü­cke“ (Most Pau­liń­ski) –, an der das Haus liegt, erscheint auf den ers­ten Blick eigen­tüm­lich. In der deut­schen Zeit hieß sie viel unauf­fäl­li­ger „Schuh­ma­cher­stra­ße“ und in den Jah­ren von 1939 bis 1945 dann „Schuh­ma­cher­gas­se“. Die heu­ti­ge Benen­nung ver­weist aber auf einen span­nen­den Zusam­men­hang, der „Alt-Thorn“ mit dem alten Thorn ver­knüpft. Die Stra­ße liegt auf Frag­men­ten einer 1386 gebau­ten mit­tel­al­ter­li­chen Brü­cke, die die Alt­stadt und die Neu­stadt mit­ein­an­der ver­band. Unter die­ser Brü­cke ver­lief der Stadt­gra­ben, und dort fließt auch heut­zu­ta­ge noch ein Gewäs­ser. Seit dem 15. Jahr­hun­dert wur­de die 15 Meter brei­te Brü­cke bebaut – und gera­de dort steht jetzt die Pie­ro­gar­nia „Sta­ry Toruń“. Die immer noch erkenn­ba­ren unter­ir­di­schen Bau­tei­le der Brü­cke kön­nen nur ein­mal im Jahr – im Mai, am Tag des Stra­ßen­fes­tes – besich­tigt wer­den. Den flie­ßen­den Bach hin­ge­gen kön­nen die Gäs­te der Pie­ro­gar­nia stän­dig durch eine Glas­schei­be sehen, die im Fuß­bo­den des Restau­rants ein­ge­las­sen ist.

Piotr Olecki

Genauere Informationen über das Restaurant finden sich unter: www​.pie​ro​gar​nie​.com/​d​e​/​l​,​1​,​s​t​a​r​y​-​t​o​r​u​n​.​h​tml