Zurück

Zur elektronischen Ausgabe

Zum Heft

Zur Rubrik

Ein polnisches Denkmal für Elbing

Das »Denkmal der Wiedergeburt« und seine Renaissance

Jede Epoche hinterlässt ihre eigenen – und oftmals sehr problematischen – Denkmäler. Wenn sich die Umstände und Kontexte ändern, können sich auch leicht die Bedeutungen und Interpretationen verschieben. Ein treffliches Beispiel für solch einen Prozess ist das sogenannte »Wiedergeburts­denkmal« (Pomnik Odrodzenia) in Elbing, das Mitte der 1970er Jahre errichtet wurde, als die Polska Zjednoczona Partia Robotnicza (PZPR), die Polnische Vereinigte Arbeiterpartei, den Staat beherrschte.

Die gewal­ti­ge Kon­struk­ti­on auf dem einst­mals gro­ßen Platz soll­te den Wie­der­auf­bau des expli­zit pol­ni­schen Elb­ing nach den Zer­stö­run­gen des Krie­ges sym­bo­li­sie­ren. Trotz die­ser unmiss­ver­ständ­li­chen Bot­schaft hat sich die Bedeu­tung nach 1989 aller­dings weit­ge­hend ver­scho­ben. Die­ser Ort wur­de zu einem Relikt der kom­mu­nis­ti­schen Ära und taug­te nur noch als Treff­punkt für Anhän­ger der Lin­ken oder die Mit­glie­der der kom­mu­nis­ti­schen Par­tei. Dem­ge­gen­über plä­dier­ten etli­che Bür­ger dafür, das Denk­mal, das zuneh­mend unan­sehn­lich und ver­un­stal­tet wur­de, abzu­rei­ßen. Heu­te, nach einer voll­stän­di­gen Sanie­rung, ist es aber zu einem fes­ten Ele­ment der jün­ge­ren Stadt­ge­schich­te gewor­den. – Um die Idee und den ursprüng­li­chen Kon­text bes­ser ver­ste­hen zu kön­nen, soll zunächst die Nach­kriegs­rea­li­tät Elbings genau­er betrach­tet werden.

Impulse für eine darniederliegende Stadt 

Die Vor­aus­set­zun­gen für das Kon­zept eines Denk­mals und eines öffent­li­chen Plat­zes der »Wie­der­ge­burt« wur­den bereits 1945 geschaf­fen. Das Ter­rain zwi­schen dem dama­li­gen Neu­en Amts­ge­richt an der Bis­marck­stra­ße, der Heinrich-von-Plauen-Schule und dem Äuße­ren Müh­len­damm wur­de beim Kampf um Elb­ing stark in Mit­lei­den­schaft gezo­gen. Das Gerichts­ge­bäu­de konn­te sei­ne Funk­ti­on behal­ten, und das reprä­sen­ta­ti­ve Schul­ge­bäu­de wur­de nun zum Sitz der Stadt­ver­wal­tung. Die übri­gen, wei­test­ge­hend zer­stör­ten Gebäu­de, zahl­rei­che mehr­stö­cki­ge Miets­häu­ser, aber auch eine Müh­len­an­la­ge und wei­te­re Bau­ten wur­den als­bald abge­ris­sen, so dass am frü­he­ren Äuße­ren Müh­len­damm nur noch weni­ge Miets­häu­ser, eine Schu­le und klei­ne­re Gebäu­de übrig waren. Der Boden bestand aus zer­klei­ner­ten Zie­gel­stei­nen. Sei­ne rote Far­be im Umfeld des Gerichts und des »Prä­si­di­ums des städ­ti­schen Natio­nal­rats« – wie das Rat­haus zu die­ser Zeit genannt wur­de – bil­de­te den Grund dafür, dass die neu­en Bewoh­ner die­se Flä­che als »Roten Platz« bezeichneten. 

Nach der Peri­ode des »Tau­wet­ters« im Jahr 1956 wid­me­te der Natio­na­le Stadt­rat den neu­en Platz der »Natio­na­len Ein­heit«. Neben kom­mu­nis­ti­schen Ver­samm­lun­gen und Auf­mär­schen fan­den hier auch die durch die Streiks vom Dezem­ber 1970 aus­ge­lös­ten Aus­ein­an­der­set­zun­gen mit der Staats­macht statt, bei denen es zwi­schen der Miliz und der Armee, die sogar Pan­zer ein­setz­ten, sowie den Arbei­tern und ande­ren Ein­woh­nern zu regel­rech­ten Schlach­ten kam. Hier­bei waren ein Toter und vie­le Ver­letz­te zu bekla­gen; zudem kam es spä­ter­hin zu etwa 500 Fest­nah­men von Pro­tes­tie­ren­den. – Bei die­sen Streiks hat­te sich Bolesław Sma­gała, ein füh­ren­des Mit­glied der PZPR, dadurch pro­fi­liert, dass es ihm gelang, zwi­schen den Kon­flikt­par­tei­en zu ver­mit­teln – und er wur­de danach auch zu einer Schlüs­sel­fi­gur in der Geschich­te des Denkmals.

Sma­gała wur­de von der Woi­wod­schafts­ver­wal­tung in Dan­zig zum ers­ten Sekre­tär des Stadt- und Kreis­aus­schus­ses in Elb­ing ernannt, damit er die Wel­len der Empö­rung wei­ter glät­te­te. Er kann­te die Stadt und ihre Pro­ble­me, denn er leb­te und arbei­te­te schon in den 1960er Jah­ren in Elb­ing. Dies war ein völ­lig ver­nach­läs­sig­ter, gera­de­zu depri­mie­ren­der Ort, von dem die Ein­hei­mi­schen sag­ten, er bestehe aus »sie­ben Dör­fern, die durch eine Stra­ßen­bahn ver­bun­den sind«. Die Alt­stadt war abge­ris­sen wor­den, um Bau­ma­te­ria­li­en für ande­re pol­ni­sche Städ­te zu gewin­nen; es gab kein Stadt­zen­trum mehr, es fehl­ten Woh­nun­gen und kul­tu­rel­le Ein­rich­tun­gen; zudem blie­ben alle kom­mu­na­len Dienst­leis­tun­gen unter­fi­nan­ziert, und die öffent­li­chen Ver­kehrs­mit­tel waren ver­al­tet. Auf der Auf­ga­ben­lis­te des Woi­wod­schafts­ko­mi­tees in Dan­zig nah­men die Bedürf­nis­se die­ser Stadt regel­mä­ßig den unters­ten Rang ein.

Aus heu­ti­ger Per­spek­ti­ve ist es schwie­rig, kom­mu­nis­ti­sche Funk­ti­ons­trä­ger zu beur­tei­len. Der 1936 gebo­re­ne und 2022 ver­stor­be­ne Bolesław Sma­gała war Autor eini­ger Bücher; dar­un­ter fin­det sich der Titel Ten twój Elbląg [Dein Elb­ing], in dem er eine far­bi­ge Schil­de­rung der Ereig­nis­se wäh­rend sei­ner poli­ti­schen und sozia­len Akti­vi­tä­ten von 1962 bis 1975 gibt. Auch wenn der Autor hier gewiss ein sub­jek­ti­ves Bild sei­ner Tätig­kei­ten ent­wirft, bleibt einer sei­ner größ­ten Erfol­ge doch unbe­nom­men, dass er die Auf­merk­sam­keit von hoch­ran­gi­gen Regie­rungs­be­am­ten in War­schau auf die schlech­te Lage die­ser Stadt len­ken konn­te und im Febru­ar 1972 ein Beschluss »Über die Ent­wick­lung und Moder­ni­sie­rung von Elbląg bis 1975 mit Annah­men für die Fol­ge­jah­re« gefasst wurde.

In Elb­ing voll­zog sich nun ein regel­rech­ter Zivi­li­sa­ti­ons­sprung. Mit zen­tra­len Geld­mit­teln begann eine vehe­men­te Moder­ni­sie­rung der Stadt, wie sie in den Jah­ren seit dem Kriegs­en­de undenk­bar gewe­sen wäre. Eine moder­ne Musik­schu­le und eine Zweig­stel­le der Tech­ni­schen Uni­ver­si­tät Dan­zig wur­den geplant, die wich­tigs­ten Fabri­ken konn­ten end­lich moder­ni­siert wer­den, es ent­stan­den zahl­rei­che neue Woh­nun­gen, die Was­ser­wer­ke wur­den reno­viert und erwei­tert, und schließ­lich begann der Bau eines zeit­ge­mä­ßen Kran­ken­haus­kom­ple­xes sowie einer Umge­hungs­li­nie für den Eisen­bahn­ver­kehr. Die­se Epo­che der 1970er Jah­re, die nach den Dezem­ber­un­ru­hen ein­set­zen­de Regie­rungs­zeit des Ers­ten Sekre­tärs der PZPR, Edward Gie­rek, bleibt für älte­re Ein­woh­ner von Elbląg noch immer als eine Zeit des Auf­schwungs und der dyna­mi­schen Ent­wick­lung der Stadt in Erin­ne­rung. In die­sen Jah­ren war Elb­ing eine der größ­ten Bau­stel­len Polens.

Ein Denkmal nimmt Gestalt an

Eine von Sma­gałas Ideen war es, im Stadt­zen­trum ein Denk­mal zu errich­ten, »das an das Polen­tum Elbings im Lau­fe der Jahr­hun­der­te und heu­te« erin­nern soll­te und selbst­ver­ständ­li­cher­wei­se der dama­li­gen Geschichts­dok­trin der herr­schen­den Par­tei gehorch­te. In Elb­ing fehl­ten sol­che pol­ni­schen Sym­bo­le noch gänz­lich, und so wur­de die­ser Vor­schlag enthu­si­as­tisch geför­dert. Am 17. Juli 1972 wur­de das »Komi­tee für den Bau des Wie­der­ge­burts­denk­mals« gegrün­det. Die öffent­li­che Reso­nanz war über­wäl­ti­gend; sogar der Probst der St. Niko­lai­ge­mein­de ließ sich ein­la­den, dem Komi­tee beizutreten.

Für die Gestal­tung des Denk­mals wur­de ein Wett­be­werb aus­ge­schrie­ben. Gleich­zei­tig soll­ten auch Kon­zep­te für die Neu­ge­stal­tung des gesam­ten »Plat­zes der Natio­na­len Ein­heit« ent­wi­ckelt wer­den, der immer noch eine lee­re Flä­che bil­de­te – abge­se­hen von ein­stö­cki­gen Ein­kaufs­pa­vil­lons, die dort in den 1960er Jah­ren gebaut wor­den waren und zur Ver­schö­ne­rung der Stadt gewiss kei­nen Bei­trag zu leis­ten ver­mocht hat­ten. Zum Wett­be­werb gin­gen 40 Bei­trä­ge ein, und am 19. Mai 1973 ent­schied sich die Aus­wahl­kom­mis­si­on für den Denkmal-Entwurf von Jan Siek und favo­ri­sier­te die stadt­pla­ne­ri­schen Vor­schlä­ge, die von den Kra­kau­er Archi­tek­tin­nen bzw. Archi­tek­ten Maria Reka­c­zys, Bar­ba­ra Bielec und Luc­jan Saduś unter­brei­tet wor­den waren: Den frei­en Raum soll­ten moder­ne Gebäu­de fül­len, so dass die Bebau­ungs­lü­cken zwi­schen dem Rat­haus und dem Trau­gutt­park, den ehe­ma­li­gen Fried­hö­fen von St. Annen und St. Mari­en, geschlos­sen wür­den. Das Amts­ge­richt wäre dadurch ver­deckt wor­den, und der klei­ne Platz davor soll­te (wie es bis heu­te geschieht) als Park­raum genutzt wer­den. In der Nähe des Rat­hau­ses und der Musik­schu­le war über­dies der zwei­spu­ri­ge soge­nann­te »Weg der Gene­rä­le« pro­jek­tiert. Die­se Plä­ne wur­den letzt­lich aller­dings kaum rea­li­siert: Außer der Musik­schu­le wur­den kei­ne wei­te­ren Gebäu­de errichtet.

Der Ent­ste­hungs­pro­zess des Denk­mals nahm zwei Jah­re in Anspruch. Die fei­er­li­che Ent­hül­lung und die Ein­wei­hung des Plat­zes fan­den am 22. Juli 1975 statt. Über 20.000 Elb­in­ger und vie­le Ehren­gäs­te waren anwe­send. Finan­ziert durch zahl­rei­che Spen­den von Pri­vat­per­so­nen und Fabri­ken, soll­te es nun die Wie­der­ge­burt Polens und die Wie­der­be­le­bung der geschun­de­nen Stadt ver­an­schau­li­chen und im öffent­li­chen Bewusst­sein verankern.

Das mas­si­ve Werk mit den respek­ta­blen Maßen von 18 × 8 m soll an eine flat­tern­de Fah­ne gemah­nen. Es wur­de im Kra­kau­er Ate­lier von Jan Siek und in den Elb­in­ger Zamech-Werken her­ge­stellt. Das Mate­ri­al, aus dem es gefer­tigt wur­de – Mes­sing und Kup­fer­blech –, ver­lieh ihm eine gold­far­be­ne Tönung und ließ es im Sonnen- oder auch Schein­wer­fer­licht in man­nig­fa­cher Wei­se schim­mern und glei­ßen. In der Zeit der sozia­lis­ti­schen Man­gel­wirt­schaft war die Beschaf­fung gro­ßer Men­gen an Kup­fer­blech aller­dings ein erheb­li­ches Pro­blem. Glück­li­cher­wei­se hal­fen hier die Kon­tak­te, die Sma­gała und das Komi­tee zum Minis­te­ri­um für Schwer­indus­trie auf­nah­men, eine Lie­fe­rung die­ser Mate­ria­li­en zu arran­gie­ren – und es, da auch War­schau das Vor­ha­ben als vor­ran­gig ein­schätz­te, sogar kos­ten­los zu erhal­ten. Das Inne­re des Denk­mals besteht aus Form­ele­men­ten, die ihrer­seits auf hori­zon­ta­len Stahl­trä­gern ruhen. (Die Trä­ger waren glück­li­cher­wei­se beim Bau einer Werks­hal­le der Elb­in­ger Fabrik für Automobil-Beschläge übrig­ge­blie­ben.) Schlos­ser und Schwei­ßer der Zamech-Werke (der ehe­ma­li­gen Schichau-Werke) füg­ten schließ­lich die von Jan Siek gestal­te­ten pro­fi­lier­ten Kup­fer­ble­che und in Elb­ing her­ge­stell­ten Messingguss-Teile zusammen. 

Der Bild­hau­er hat in ein­zel­ne Par­tien der »Flag­ge« Sym­bo­le und Sze­nen ein­ge­fügt, die aus der dama­li­gen pol­ni­schen Sicht her­aus für die Geschich­te Elbings bedeut­sam waren. Auf der Vor­der­sei­te, der West­sei­te, befin­den sich die bei­den blan­ken »Grunwald-Schwerter«, die bis heu­te fest mit Vor­stel­lun­gen von der muti­gen, tap­fe­ren und ruhm­rei­chen pol­ni­schen Nati­on asso­zi­iert sind, sowie eine Kampf­sze­ne aus der Schlacht von Tan­nen­berg / Grun­wald im Jah­re 1410. Die zwei­te, dort zusätz­lich genann­te Jah­res­zahl – 1454 – ver­weist auf einen eben­falls dar­ge­stell­ten his­to­ri­schen Vor­gang: die Hul­di­gung, die dem pol­ni­schen König Kazi­mierz Jagiel­lońc­zyk am Beginn des Drei­zehn­jäh­ri­gen Krie­ges durch Reprä­sen­tan­ten des Elb­in­ger Rates dar­ge­bracht wird. Wei­te­re Bild­fel­der zei­gen einen pol­ni­schen ­Adler – der zu jener Zeit auf sei­ne Kro­ne ver­zich­ten muss­te –, eine Grup­pe jener sowjet­rus­si­schen Sol­da­ten, die Elb­ing im Febru­ar 1945 erober­ten oder, wie es damals hieß, befrei­ten, sowie die Jah­res­zah­len der Wie­der­ent­ste­hung des pol­ni­schen Staa­tes und deren 30-jährigen Jubi­lä­ums: 1945 und 1975.

Auf der Rück­sei­te fin­den sich Moti­ve, die im Zusam­men­hang mit Elbings Geschich­te als Stadt der See­fahrt und des Han­dels ste­hen oder auf die Tra­di­ti­on des Schiff­baus und der Schwer­indus­trie ver­wei­sen. Sym­bo­li­siert wird zudem das Mit­ein­an­der von Indus­trie und Land­wirt­schaft, das die Grund­la­ge des Wohl­stands in einem kom­mu­nis­ti­schen Arbeiter- und Bau­ern­staat bil­det; und schließ­lich wer­den zwei Sze­nen gezeigt: ein werk­tä­ti­ger Pro­le­ta­ri­er inner­halb eines Pro­duk­ti­ons­pro­zes­ses sowie eine glück­lich und fried­voll leben­de Fami­lie, denen allen die Früch­te des gesell­schaft­li­chen Fort­schritts im Sozia­lis­mus ver­hei­ßen sind.

Im Blick auf die inhalt­li­che Aus­sa­ge wird rasch deut­lich, dass die genann­ten Bedeu­tungs­trä­ger den ideo­lo­gi­schen Vor­ga­ben der dama­li­gen Zeit ver­pflich­tet sind – wodurch auch gewis­se Unge­nau­ig­kei­ten in Kauf genom­men wur­den. Im Jahr 1410 kämpf­ten die Ein­woh­ner von Elb­ing bei Tan­nen­berg bei­spiels­wei­se auf der Sei­te des Deut­schen Ordens, nicht auf der­je­ni­gen des pol­ni­schen Königs. Dar­über hin­aus ist dar­an zu erin­nern, dass es der Orden war, der Elb­ing gegrün­det hat, dass Neu­sied­ler aus dem deutsch­spra­chi­gen Raum in die Stadt kamen und dass Elb­ing bis 1945 eine zwei­fels­frei deut­sche Stadt mit einer homo­gen deutsch­spra­chi­gen Bevöl­ke­rung gewe­sen ist. Trotz der gewiss gege­be­nen und in ihrem Aus­maß nicht zu unter­schät­zen­den Ver­bin­dun­gen zu Polen und dem Polen­tum bil­de­te die tra­gen­de Aus­sa­ge des Bild­pro­gramms, dass hier eine »Rück­kehr ins Vater­land« zu fei­ern sei, somit eine bewuss­te, rea­li­täts­fer­ne Geschichts­fäl­schung, die sich aller­dings bruch­los in das ins­ge­samt domi­nie­ren­de Nar­ra­tiv ein­pass­te, bei den ehe­mals deut­schen Pro­vin­zen han­de­le es sich im Grun­de um »wie­der­ge­won­ne­nen Gebiete«.

Bedeutungsverlust und Renaissance

Im Jahr der Ein­wei­hung, 1975, wur­de Elb­ing durch eine lan­des­ei­ge­ne Gebiets­re­form zur Haupt­stadt einer eige­nen Woi­wod­schaft. Der »Platz der Wie­der­ge­burt« (der spä­ter­hin in »Platz der Ver­fas­sung« umbe­nannt wur­de) wur­de nun häu­fig zum Ort offi­zi­el­ler staat­li­cher Auf­mär­sche, Pro­kla­ma­tio­nen und Fest­ak­te. Mit Aus­nah­me der Musik­schu­le wur­den, wor­auf schon hin­ge­wie­sen wor­den ist, die ursprüng­li­chen Ausbau-Pläne mit reprä­sen­ta­ti­ven moder­nen Gebäu­den nicht rea­li­siert. Mit der Zeit oxi­dier­ten das Kup­fer wie das Mes­sing und ver­dun­kel­ten sich; schließ­lich wan­del­te sich die Oxid­schicht in grü­ne Patina. 

Auch die Lebens­wirk­lich­keit in der Volks­re­pu­blik Polen wur­de durch eine mas­si­ve Wirt­schafts­kri­se, die Ver­hän­gung des Kriegs­rechts in den Jah­ren von 1981 bis 1983 sowie die all­ge­mein um sich grei­fen­de Armut der Bevöl­ke­rung immer düs­te­rer. Als Polen 1989 dann sei­ne vol­le Sou­ve­rä­ni­tät wie­der­erlang­te und der Adler im Staats­wap­pen sei­ne Kro­ne zurück­er­hielt, ver­lor das Wie­der­ge­burts­denk­mal sei­ne Aus­sa­ge­kraft und wur­de zuneh­mend igno­riert, wenn nicht miss­ach­tet. Der Ort wur­de jetzt von Skateboard-Fahrern genutzt, und die gro­ßen Metall­flä­chen lock­ten natur­ge­mäß Graffiti-Künstler an. Die­ser Nie­der­gang ist ein­gangs bereits erwähnt wor­den: Wäh­rend das Denk­mal am 1. Mai noch eini­gen Lin­ken als Treff­punkt dien­te, wur­den die Stim­men immer lau­ter, die einen Abriss die­ses fremd gewor­de­nen kom­mu­nis­ti­schen Schand­mals for­der­ten, das fort­ge­setzt von der dama­li­gen Ver­skla­vung der pol­ni­schen Nati­on kün­de. Da die Erin­ne­rung an die Stadt­ent­wick­lung wäh­rend der 1970er Jah­re aber dazu geführt hat, dass die Zeit des Sozia­lis­mus in Elb­ing nicht nur nega­tiv ein­ge­schätzt wird, fan­den sol­che radi­ka­len Pos­tu­la­te kei­ne Mehrheit. 

Statt­des­sen wuchs in der Bevöl­ke­rung die Sen­si­bi­li­tät für den künst­le­ri­schen und kul­tu­rel­len Wert des Denk­mals, und so wur­de des­sen Reno­vie­rung 2021 im Rah­men des »Bür­ger­haus­halts« vor­ge­schla­gen. Unter den ein­ge­reich­ten Pro­jek­ten wur­de die­ses dann tat­säch­lich aus­ge­wählt und konn­te schon 2022 rea­li­siert wer­den. Die Kos­ten waren zunächst auf 480.000 Zło­ty ver­an­schlagt wor­den; nach dem Beginn der Arbei­ten stell­te sich jedoch her­aus, dass auch der Sockel saniert wer­den muss­te. Der nun zusätz­lich nöti­ge Betrag in Höhe von 225.000 Zło­ty konn­te aus dem all­ge­mei­nen Bud­get der Stadt gedeckt werden.

Auf die­se Wei­se erlang­te das Denk­mal sei­nen alten Glanz zurück, der zuvor nur aus his­to­ri­schen Fotos erschlos­sen wer­den konn­te. Dabei tritt nun frei­lich die ursprüng­li­che Bot­schaft deut­lich in den Hin­ter­grund, denn die gro­ße natio­na­le Erzäh­lung, die dem Kon­zept zugrun­de lag, ist in ihren rein ideo­lo­gi­schen Vor­aus­set­zun­gen längst durch­schaut und über­wun­den. Statt­des­sen gewinnt die­ses restau­rier­te Relikt des kom­mu­nis­ti­schen Staa­tes aus der Distanz her­aus deut­lich an ästhe­ti­schem Wert und wan­delt sich zu einem iden­ti­täts­stif­ten­den Monu­ment der jün­ge­ren Stadt­ge­schich­te: Nun erin­nert es – jen­seits eines ein­hel­li­gen Urteils über die Zeit des Kom­mu­nis­mus – vor allem auch an die Gene­ra­tio­nen, die Elb­ing unter ent­beh­rungs­rei­chen Umstän­den nach 1945 wie­der auf­ge­baut haben.

Bar­to­sz Skop