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Ein Ausflug nach Ostrometzko

Die Schlösser der Familie von Schönborn

Für viele Bromberger bildet das nahe gelegene Ostrometzko (Ostromecko) ein beliebtes Ausflugsziel. Auch Touristen haben schon längst den Reiz dieses Ortes für sich entdeckt.

Ost­ro­metz­ko lässt sich nicht nur mit dem eige­nen Wagen, son­dern sogar mit dem Fahr­rad bequem errei­chen. Über­dies hal­ten hier auch der Stadt­bus sowie die Eisen­bahn, und zwar auf der frü­he­ren Stre­cke von Brom­berg nach Stras­burg, die jetzt mit der Linie 209 nur noch bis nach Culm­see befah­ren wird. Für den Anweg wer­den die Besu­cher in rei­chem Maße belohnt :  Sie gelan­gen bald zu zwei hoch­herr­schaft­li­chen Gebäu­den, von denen jedes für sich eine eige­ne Anzie­hungs­kraft aus­übt. Der sie umge­ben­de gepfleg­te Eng­li­sche Gar­ten lädt zu aus­ge­dehn­ten Spa­zier­gän­gen ein ;  und da sich die ehe­ma­li­gen Besit­zer schon seit dem 19. Jahr­hun­dert für den Erhalt der Natur ein­ge­setzt haben, fin­den sich im Umkreis der Parks zwei Land­schafts­schutz­ge­bie­te mit jeweils gut 25 ha (das Rezer­wat Wiel­ki Kępa sowie das Rezer­wat Las Mariań­ski), die aus die­ser Tra­di­ti­on erwach­sen sind und schon in den 1950er Jah­ren offi­zi­ell ein­ge­rich­tet wurden.

Die in Ost­ro­metz­ko ansäs­si­ge Fami­lie von Schön­born stamm­te aus Böh­men und war 1629 geadelt wor­den. Im Park lässt sich heu­te noch die von Mau­ern ein­ge­fass­te, von Efeu über­wach­se­ne Grab­le­ge ent­de­cken. Im 18. und 19. Jahr­hun­dert bau­ten die adli­gen Her­ren, den Schön­heits­idea­len ihrer Zeit fol­gend, jeweils ein Schloss. Das Älte­re ent­stand von 1758 bis 1766 im Stil des Roko­ko, wäh­rend das aus­la­den­de klas­si­zis­ti­sche Neue Schloss Mit­te des 19. Jahr­hun­derts nach Plä­nen des Schinkel-Schülers Edu­ard Titz (1820–1890) errich­tet wur­de. 1891, inzwi­schen war Ost­ro­metz­ko zum Sitz der Fami­lie von Alvensleben-Schönborn gewor­den, folg­te noch ein Erwei­te­rungs­bau. Von der Ter­ras­se aus kann der freie Blick in den Schloss­park genos­sen wer­den ;  das Inne­re des Gebäu­des lässt sich ken­nen­ler­nen, wenn man das Restau­rant besucht oder gleich ganz im dort ein­ge­rich­te­ten Vier-Sterne-Hotel Zespół Pałacowo-Parkowy w Ost­ro­me­cku logiert, das eine Viel­zahl von stan­des­ge­mä­ßen Zim­mern mit ins­ge­samt 57 Bet­ten anbie­tet. Dass in der Gas­tro­no­mie des Hau­ses neben erle­se­nen Wei­nen und Spi­ri­tuo­sen auch das lan­des­weit bekann­te und belieb­te Ost­ro­met­zer Mine­ral­was­ser Woda Ost­ro­me­cka kre­denzt wird, ist hier, am Her­kunfts­ort, natür­lich selbstverständlich.

Das Alte Schloss ist schon im Jah­re 1985 einer neu­en Bestim­mung zuge­führt wor­den. In die­sem Jahr wur­de es von der Brom­ber­ger Phil­har­mo­nie – der „Pom­mer­schen Ignacy-Jan-­Paderewski-Philharmonie“ (Państ­wo­wa Fil­har­mo­nia Pomor­ska imi­e­nia Ignace­go Jana Pade­rew­skie­go) – über­nom­men und zu einem Musik- und Kul­tur­zen­trum aus­ge­baut. Trei­ben­de Kraft die­ses Pro­jekts war Andrzej Szwal­be (1923–2002), der ohne Über­trei­bung als Vater des gesam­ten Brom­ber­ger Musik­le­bens seit der Nach­kriegs­zeit bezeich­net wer­den darf. Nach dem Abschluss sei­nes Jura-Studiums 1948 in Thorn ent­schied er sich, nicht als Anwalt zu arbei­ten, son­dern sich der Kul­tur­för­de­rung zuzu­wen­den ;  er wirk­te von 1951 bis 1990 als Direk­tor der Phil­har­mo­nie, betrieb erfolg­reich den Bau des neu­en Kon­zert­hau­ses und gab den Impuls zur Grün­dung neu­er Klang­kö­per, musik­kul­tu­rel­ler Insti­tu­tio­nen sowie wich­ti­ger Fes­ti­vals. Szwal­be gelang es auch, in Ost­ro­metz­ko sei­nen Traum von einem „Brom­ber­ger Wilanów“ zu ver­wirk­li­chen. (Der pracht­vol­le Wilanów-Palast wur­de gegen Ende des 17. Jahr­hun­derts von Jan III. Sobie­ski am süd­li­chen Ende des „War­schau­er Königs­we­ges“ im gleich­na­mi­gen Stadt­teil der pol­ni­schen Haupt­stadt errich­tet.) Im Alten Schloss gab es nun die Mög­lich­keit, Kon­zer­te, Vor­trä­ge sowie Sym­po­si­en zu orga­ni­sie­ren, und zudem fand dort neben Wer­ken moder­ner pol­ni­scher Male­rei auch die in der Phil­har­mo­nie ange­leg­te Samm­lung von 50 his­to­ri­schen Kla­vie­ren und Flü­geln einen ange­mes­se­nen Ort.

In die Idee des „Brom­ber­ger Wilamów“ wur­de ab 1996 auch das Neue Schloss mit ein­be­zo­gen, so dass in bei­den Schlös­sern und, nicht zu ver­ges­sen, im Park schon seit Jah­ren eine Viel­zahl unter­schied­li­cher Ver­an­stal­tun­gen statt­fin­den – von Kon­zer­ten und Thea­ter­stü­cken über Aus­stel­lun­gen bis zu wis­sen­schaft­li­chen Kon­fe­ren­zen und Work­shops. Hin­zu­kom­men frei­lich auch noch Tanz­aben­de, gro­ße Bäl­le oder pri­va­te Fei­ern :  Das tou­ris­tisch emp­feh­lens­wer­te Ausflugs- oder Urlaubs­ziel Ost­ro­metz­ko bil­det somit für die Brom­ber­ger zugleich einen wich­ti­gen Gra­vi­ta­ti­ons­punkt ihres kul­tu­rel­len und gesell­schaft­li­chen Lebens.

Piotr Olecki / DW

Die Verbindung der Familien von Schönborn und von Alvensleben

Im Blick auf die neue­re Geschich­te West­preu­ßens dürf­te sich beim Namen von Alvens­le­ben zunächst die Asso­zia­ti­on an Ludolf von Alvens­le­ben ein­stel­len, der im Herbst 1939 Lei­ter des „Volks­deut­schen Selbst­schut­zes“ war und sich der gericht­li­chen Ver­fol­gung der von ihm began­ge­nen Kriegs­ver­bre­chen durch die Flucht nach Argen­ti­ni­en ent­zog. Er gehört aber einer Linie die­ser äußerst weit ver­zweig­ten Fami­lie an, die schon über Gene­ra­tio­nen von der­je­ni­gen getrennt ist, aus der die Besit­zer von Ost­ro­metz­ko stammten.

Albrecht von Alvens­le­ben (1848–1928) hei­ra­te­te 1873 Mar­tha Mat­hil­de Marie von Schön­born (1854–1915), wodurch die bei­den Fami­li­en mit­ein­an­der ver­bun­den wur­den. In Wit­ten­moor gebo­ren, hat­te Albrecht zuvor die Rit­ter­aka­de­mie in Bran­den­burg besucht, in Pader­born eine Aus­bil­dung zum Förs­ter abge­schlos­sen, als Einjährig-Freiwilliger am Deutsch-Französischen Krieg 1870 / 71 teil­ge­nom­men und sich schließ­lich noch in Rede­kin mit der land­wirt­schaft­li­chen Pra­xis ver­traut gemacht.

Obzwar Albrecht auch Güter in ande­ren Tei­len des Reichs besaß, fass­te er Ende der 1870er Jah­re den Ent­schluss, sich vor­dring­lich dem Aus­bau der nun gemein­sa­men Besit­zun­gen in West­preu­ßen zu wid­men: Sein Wap­pen wur­de 1880 mit dem­je­ni­gen sei­ner Ehe­frau, der Erb­toch­ter zu Ost­ro­metz­ko, ver­ei­nigt, und 1888 erhob Kai­ser Fried­rich III. ihn zum Gra­fen von Alvensleben-Schönborn, wobei der Titel mit dem Besitz von Ost­ro­metz­ko ver­knüpft blieb.

Graf Albrecht erwies sich als erfolg­rei­cher und tat­kräf­ti­ger Unter­neh­mer. Er erwei­ter­te sei­nen west­preu­ßi­schen land- und forst­wirt­schaft­li­chen Besitz durch den Erwerb der Güter Glauch­au (Kreis Kulm), Tann­ha­gen sowie Gir­kau (Kreis Thorn) und rich­te­te sei­ne Inter­es­sen nicht nur auf Erträ­ge und Gewin­ne, son­dern auch auf den Natur­schutz: Das Reser­vat Las Mariań­ski bewahrt im Pol­ni­schen noch den Namen „Mari­en­park“, den ihm sein Stif­ter Albrecht von Alvensleben-Schönborn einst gege­ben hat­te. Zudem grün­de­te der Graf 1894 mit sei­nem Mine­ral­was­ser­brun­nen einen pro­spe­rie­ren­den indus­tri­el­len Betrieb; und auch hier nutz­te er die Gele­gen­heit, bei der Namens­ge­bung sei­ne Frau zu ehren, denn er nann­te die­se Quel­le, aus der bis heu­te Mine­ral­was­ser gewon­nen wird, „Mari­en­quel­le“. (Auch auf dem Ostromecko-Etikett fin­det sich übri­gens mit der Ergän­zung Źró­dło Marii noch die pol­ni­sche Über­set­zung die­ses deut­schen Namens.)

Die DW-Redaktion