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Zum guten Schluss

In westpreu­ßi­schen Städten ist die Post oft in einem auffäl­ligen neugo­ti­schen Gebäude unter­ge­bracht, das – anders als dies in Westdeutschland nach dem Zweiten Weltkrieg üblich war – rekon­struiert bzw. restau­riert worden ist und häufig immer noch als besondere Sehens­wür­digkeit gilt. Diese eindrucks­vollen Gebäude bewahren dadurch die Erinnerung an die Zeit nach der Reichs­gründung, in der die Post der städte­bau­lichen Entwicklung gerade auch in Westpreußen wesent­liche Impulse gab. Zum einen machten es die ständig wachsende Nachfrage nach Postdiensten sowie die technische Innovation der Kommu­ni­ka­ti­ons­mittel – wie z. B. bei der Telegraphie oder Telefonie – notwendig, auf den spezi­fi­schen Bedarf zugeschnittene Gebäude zu entwerfen und zu errichten. Zum anderen standen diese Zweck­bauten zugleich in einem engen Zusam­menhang mit der Idee des geeinten Deutschen Reichs, die es jetzt zu verbreiten und zu festigen galt. Die Reichspost war als einzige Verwaltung fast im ganzen Lande präsent, und der General­post­meister Heinrich von Stephan (1831–1897) verstand es, diese besondere Stellung seiner Behörde in einem umfang­reichen, geradezu flächen­de­ckenden Baupro­gramm zu verdeut­lichen und dabei zugleich das symbo­lische Potential dieser staats­po­li­tisch erwünschten integrie­renden Kraft der Insti­tution „Reichspost“ zu nutzen. Dies führte dazu, dass die präch­tigen Neubauten im Volksmund bald „Stephans Postpa­läste“ hießen. – Anschaulich lassen sich diese Tendenzen an dem hier abgebil­deten Blind­fenster beobachten, das die Außen­fassade des Postamts von Deutsch Krone ziert. Nachdem 1891 ein passendes Grund­stück erworben worden war, ist 1894/95 auch in dieser Kreis­stadt ein neues, reprä­sen­ta­tives Postge­bäude errichtet worden. Dabei war es offenbar selbst­ver­ständlich, dass solche „Paläste“ nicht ohne reichen künst­le­ri­schen Schmuck gedacht werden konnten :  Das aufwändige Mosaik mit dem Posthorn im Wappen­schild – das in der Form mit demje­nigen auf der 1892 einge­führten Reichs­post­flagge überein­stimmt –, mit dem überbor­denden floralen Dekor und dem leuch­tenden Sternen­himmel wird von einem gotischen Spitz­bogen gerahmt, dessen Kämpfer wiederum als korin­thische Kapitelle ausge­staltet sind. Dass dadurch sogar Assozia­tionen an einen Sakralbau geweckt werden, ist von den damaligen Archi­tekten und Künstlern durchaus beabsichtigt gewesen. Dieser Überschuss an Bedeut­samkeit dürfte bei einem heutigen Betrachter aber gewiss noch die Distanz verstärken, die er vermutlich – ungeachtet aller Bemühungen um ein neutrales, histo­risch angemes­senes Urteil – gegenüber solch einer Mischung aus sehr unter­schied­lichen Stilele­menten sowieso schon einnimmt. 

Text: Erik Fischer
Foto: Tilman Asmus Fischer