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Max Toeppens „Historisch-comparative Geographie von Preußen“

Dieses Werk aus dem Jahre 1858 ist als Neudruck wieder verfügbar.

Max Toeppen gehört neben Johannes Voigt zweifellos zu den Landes­his­to­rikern, die die preußische Geschichts­for­schung des 19. Jahrhun­derts entscheidend geprägt haben. Der in Königsberg geborene Toeppen studierte an der Albertus-Universität in Königsberg Klassische Philo­logie und Geschichte. Den größten Teil seines Lebens war er als Gymna­si­al­lehrer tätig und beendete seine Lehrerlaufbahn als Direktor des Gymna­siums in Elbing, wo er nur wenige Monate nach seiner Pensio­nierung 1893 starb. Dem univer­si­tären Zentrum Preußens, Königsberg, war er nur kurzzeitig als Privat­dozent verbunden. Umso beacht­licher erscheint sein wissenschaft­liches Œuvre, das weit entfernt von den wissen­schaft­lichen und intel­lek­tu­ellen Zentren entstanden ist. Toeppen gehörte neben Theodor Hirsch und Ernst Strehlke zu den Heraus­gebern der monumen­talen Reihe Scrip­tores rerum Prussi­carum, einer Edition historio­graphischer Quellen zur Geschichte des Deutschordens­landes Preußen. Die Heraus­geber orien­tierten sich in Methodik und Zielsetzung an den Monumenta Germaniae Historica, dem Flagg­schiff der edito­ri­schen Tätigkeit im deutsch­spra­chigen Raum. Ein zweites bedeu­tendes Werk Toeppens war die Edition der Akten der Ständetage Preußens unter der Herrschaft des Deutschen Ordens, die 1874–1886 in fünf Bänden erschienen sind. Damit erschloss Toeppen ein sehr umfang­reiches und bis dahin wenig bekanntes Quellenmaterial.

Weniger Beachtung findet in der Forschung das 1858 im auf geogra­phische Literatur spezia­li­sierten Verlag von Justus Perthes in Gotha heraus­ge­gebene Werk zur histo­ri­schen Geographie des Preußen­landes. Im ersten Teil (S. 1–50) beschreibt Toeppen die geogra­phi­schen Gegeben­heiten der histo­ri­schen Landschaft Preußen und der Nachbar­re­gionen sowie ihre Struktur in der Zeit vor der Ankunft des Deutschen Ordens. Im zweiten Teil (S. 51–245) befasst sich der Autor mit Preußen zur Zeit der Deutschordens­herrschaft (1230–1466 bzw. 1525). Der dritte Teil des Werkes (S. 246–398) thema­ti­siert das Preußenland von der Frühen Neuzeit bis in die Gegenwart des Autors, wobei die Verwal­tungs­struk­turen Preußens im 19. Jahrhundert nur ein verhält­nis­mäßig kleines Kapitel (Fünfter Abschnitt, S. 338–398) ausmachen. In den dritten Teil der Arbeit schließt Toeppen auch Preußen König­lichen Anteils bezie­hungs­weise Pomme­rellen ein, das von 1466 an bis zu den polni­schen Teilungen Ende des 18. Jahrhun­derts ein Teil der polni­schen Krone war. Insbe­sondere für den zweiten Teil hat Toeppen zahlreiche Urkunden heran­ge­zogen, die zu seiner Zeit zum Teil noch nicht ediert waren. Im ersten Teil seiner Arbeit zog er die Chronik des Preußen­landes von Peter von Dusburg häufig heran, eine der wichtigsten Quellen zur Geschichte des Preußen­landes vor und in den ersten Jahren der Ordens­herr­schaft, die er drei Jahre nach Erscheinen der historisch-comparativen Geographie von Preußen im ersten Band der Scrip­tores rerum Prussi­carum edierte.

Seit 2018 verfügt die Forschung über einen unver­än­derten Neudruck der Ausgabe von 1858. Heraus­ge­geben wurde er von Bernhart Jähnig und erschien in der Reihe Quellen und Darstel­lungen zur Geschichte Westpreußens. Jähnig hat das Werk mit einem neuen Vorwort versehen (S.  V–XXIX), das Max Toeppen und sein Werk in einen breiten wissenschafts­historischen Kontext setzt. Das Vorwort zum Neudruck schließt an das alte Vorwort zur Erstausgabe von 1858 an. Auf beide Vorworte folgt das unver­än­derte Inhalts­verzeichnis. Da es sich hier um ein Faksimile der alten Ausgabe handelt, wurde die alte Seiten­zählung übernommen, was die Zitation des Werkes erleichtert. Hier wäre es freilich sinnvoller, das neue Vorwort dem Werk voran­zu­stellen, um die Ausgabe von 1858 nicht unnötig teilen zu müssen. Der Heraus­geber hat sich dagegen entschieden, die in der alten Ausgabe in einer separaten Atlas­mappe größeren Formats gehef­teten fünf Karten in der Neuausgabe abzudrucken. Statt­dessen fügte er dem Vorwort zum Neudruck vier in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhun­derts entstandene Karten aus mehreren Publi­ka­tionen hinzu, da sich die Origi­nal­karten der Erstausgabe vom Format her in das Buch nicht sinnvoll integrieren ließen.

Das Werk ist in seiner Gesamtheit bislang durch keine neue Arbeit überholt, so dass ein Neudruck durchaus sinnvoll erscheint. Aller­dings sind in den letzten Jahrzehnten gerade in der polni­schen Forschung zahlreiche Arbeiten zu verschie­denen Aspekten der Verwal­tungs­ge­schichte und der histo­ri­schen Geographie des Deutsch­or­dens­landes und von Preußen König­lichen Anteils erschienen. Hier wäre es daher wünschenswert gewesen, die Neuausgabe bezie­hungs­weise das Vorwort zum Neudruck durch ein Litera­tur­ver­zeichnis zu ergänzen, das dem Leser die wichtigste Forschungs­literatur in Auswahl präsen­tiert. Bereits in der Erstausgabe von 1858 vermisst der Leser ein Quellen- und Literatur­verzeichnis sowie ein Verzeichnis der Siglen und Abkür­zungen, was vor allem die Benutzung des Anmerkungs­apparates erschwert. Zumindest ein aktuelles Literatur­verzeichnis hätte somit nicht zuletzt auch den Mehrwert der Neuausgabe gegenüber dem im Internet frei verfüg­baren Digita­lisat der alten Ausgabe von Google Books weiter erhöht.

Es ist schön, dass ein solch wichtiges Werk zur histo­ri­schen Geographie des Preußen­landes auch aktuell verfügbar bleibt. Alles in allem bleibt zu hoffen, dass der Neudruck neue Impulse für die Erfor­schung der histo­ri­schen Landschaft Preußen liefert.

Remigius Stachowiak