Panorama 2024/2025


»Eine ganz andere Klientel im Haus als sonst« – Seit April 2024 leitet Martin Koschny kommis­sa­risch das Westpreu­ßische Landes­museum
(Die Fragen im Interview mit Martin Koschny stellte Alexander Klein­schrodt, 2/2025, S. 6f.)

Begegnung mit dem Danziger Auerochsen. Die früheren Wehran­lagen laden zu erhol­samen Spazier­gängen ein
(Ursula Enke, 2/2025, S. 8ff.)


Der Lech-Wałęsa-Flughafen Danzig. Eine Gratu­lation zum 50-jährigen Bestehen
(Peter Neumann, 4/2024, S. 5)

Geburts­tagsfest in der Kleinen Dreistadt – Rahmel feiert sein 800. Stadt­ju­biläum
(Magdalena Pasewicz-Rybacka, 3/2024, S. 7f.)


Westpreußen-Medaille 2024
(Ursula Enke, 3/2024, S. 6f.)


Eine Botschaft von Conrad Stein­brecht – Zeitkapsel im Marien­burger Alten Rathaus entdeckt
(WP-Redaktion, 2/2024, S. 8f.)

Eine faszi­nie­rende Reise mit der Zeitma­schine. Thorn – am 20. April 1924
(Zuzanna Foss, 2/2024, S. 6f.)


Endlich in ruhigerem Fahrwasser. Das Westpreu­ßische Landes­museum in Warendorf erhält eine kommis­sa­rische Leitung
(WP-Redaktion, 1/2024, S. 5)


Notizen aus …

Regel­mäßig berichten Korre­spon­den­tinnen und Korre­spon­denten aus der Dreistadt und den größeren Städten – neben Danzig, Zoppot und Gdingen werden dabei Elbing, Marienburg, Graudenz, Thorn und Bromberg berück­sichtigt. Die „Notizen“ infor­mieren somit in bunter Folge und breit gestreut über aktuelle Vorgänge in der Region.

Notizen aus …

… der Dreistadt

General­kon­sulin Cornelia Pieper nimmt Abschied­ »Mein Herz bleibt für immer hier, in Danzig, der Stadt der Freiheit und Solida­rität.« – Cornelia Pieper, die nach vierjäh­riger Tätigkeit als Staats­mi­nis­terin im Auswär­tigen Amt 2014 zur General­kon­sulin der Bundes­re­publik Deutschland in Danzig berufen worden war, hat ihre Auslands­mission nach elf frucht­baren, mit engagiertem Wirken ausge­füllten Jahren, am 31. Mai beendet. Danach wird sie ihre Kompe­tenzen in die Deutsch-Polnische Wissen­schafts­stiftung einbringen.
 Seit ihrem Amtsan­tritt hat sich Cornelia Pieper intensiv für die Vertiefung der deutsch-polnischen Bezie­hungen einge­setzt. Die Diplo­matin widmete sich insbe­sondere dem Ausbau der Zusam­men­arbeit zwischen deutschen und polni­schen Kommunen, der Förderung des Jugend- und Kultur­aus­tauschs sowie der Stärkung wirtschaft­licher Partner­schaften. In ihrer Zeit initi­ierte sie zahlreiche Projekte und Veran­stal­tungen, darunter die »Deutsche Woche«, die zum festen Bestandteil des städti­schen Kultur­ka­lenders wurde und den Dialog zwischen den Nachbar­ländern nachhaltig gefördert hat und weiterhin fördern wird.
 In einem Abschieds­in­terview betonte die schei­dende General­kon­sulin die Bedeutung Polens als eines demokra­ti­schen Vorbilds in Europa. Ihren ersten Aufenthalt in Polen absol­vierte sie 1980 zur Zeit der Solidarność-Bewegung – eine prägende Erfahrung, die ihr Verständnis für Freiheit und gesell­schaft­lichen Wandel nachhaltig beein­flusste. »Polen und Deutschland müssen gemeinsam für ein freies und demokra­ti­sches Europa ohne gegen­sei­tigen Hass eintreten«, so lautet ihr Resümee. Mit ihr verliert Danzig eine engagierte Brücken­bauerin und Kultur­ver­mitt­lerin zwischen Deutschland und Polen – politisch, kulturell und menschlich.

Nächster Halt: Oliva­ Der Bahnhof im Danziger Stadtteil Oliva wurde offiziell unter Denkmal­schutz gestellt. Damit wurde eines der ältesten und markan­testen Bahnhofs­ge­bäude der Stadt in das Register einge­tragen – ein bedeu­tender Schritt für den Erhalt des baulichen Erbes von Danzig. – Das Haupt­ge­bäude des Bahnhofs stammt aus den Jahren 1869/1870 und war eine wichtige Station der sogenannten »Hinter­pom­mer­schen Eisenbahn« (HE), der Berlin-Stettiner Eisenbahn-Gesellschaft (BStE), die Stettin mit Stolp, Neustadt in Westpr., Zoppot und Danzig verband. Zu dem Ensemble gehören auch der Fernbahn­steig, der unter­ir­dische Fußgän­ger­tunnel, ehemalige Werkstätten, das Betriebswerk, das Stellwerk sowie die umgebende, histo­risch gewachsene Grünanlage. Die Entscheidung fiel nach einer umfang­reichen Bewertung durch die Denkmal­pfle­ge­be­hörden. Ausschlag­gebend war nicht nur der archi­tek­to­nische Wert, sondern auch die stadt- und verkehrs­ge­schicht­liche Bedeutung der Anlage. Von nun an sind Verän­de­rungen an der Bausub­stanz nur unter denkmal­pfle­ge­ri­schen Auflagen möglich.
 Trotz seiner hohen histo­ri­schen Relevanz befindet sich der Bahnhof seit Jahren in einem stark sanie­rungs­be­dürf­tigen Zustand. Die Fassade ist beschädigt, die Ausstattung im Inneren überaltert. Bürger­initia­tiven sowie lokale Medien hatten wiederholt auf den Verfall hinge­wiesen. Ob die neue Einstufung als Denkmal jetzt den Weg für die lang ersehnte Sanierung ebnet, bleibt vorerst offen. Die Eigen­tü­merin des Bahnhofs, das staat­liche Bahnun­ter­nehmen PKP S.A., hat bislang noch keine konkreten Pläne für eine Moder­ni­sierung vorgelegt. Die Stadt Danzig hofft jedoch, dass durch den neuen Schutz­status Förder­mittel erschlossen und öffent­liche Aufmerk­samkeit mobili­siert werden können.
 Unabhängig davon bleibt der Bahnhof Danzig-Oliva weiterhin ein bedeu­tender Verkehrs­kno­ten­punkt – täglich frequen­tiert von Pendlern, Reisenden und Touris­ten­gruppen. Die Hoffnung ist nun, dass er bald nicht nur ein funktio­naler, sondern auch ein archi­tek­to­nisch gepflegter Teil der Stadt sein kann.

Neues Leben an der Langen Brücke Nach monate­langen Moder­ni­sie­rungs­ar­beiten ist die beliebte Lange Brücke im Herzen der Danziger Altstadt wieder für Spazier­gänger freige­geben. Die frisch sanierte Promenade entlang der Mottlau präsen­tiert sich nun in neuem Glanz – mit hochwer­tigem Natur­stein­belag, modernen Geländern und neuen Sitzge­le­gen­heiten.
 Die Bauar­beiten begannen im Herbst 2022 und bestanden aus einer umfas­senden Neuge­staltung des histo­ri­schen Hafens zwischen dem Grünen Tor und dem Fisch­markt. Die Maßnahme zielte nicht nur auf die Verschö­nerung des städti­schen Raums, sondern auch auf die Sicherung der Uferstruktur und die Verbes­serung der Barrie­re­freiheit. Die Gestaltung orien­tiert sich an den histo­ri­schen Gegeben­heiten des Hafens, ergänzt jedoch moderne Elemente für mehr Aufent­halts­qua­lität. Neu angelegte Grünflächen, energie­ef­fi­ziente Beleuchtung und ein verbes­sertes Regen­was­ser­system runden das Projekt ab. Auch das bekannte Krantor, das Wahrzeichen Danzigs, ist nun wieder in bequemer Weise fußläufig erreichbar.
 Stadt­prä­si­dentin Aleksandra Dulkiewicz sprach bei der Eröffnung von einem wichtigen Schritt zur Belebung des öffent­lichen Raums: »Die Lange Brücke ist nicht nur ein histo­ri­scher Ort, sondern ein Treff­punkt für Menschen aus aller Welt.« In den kommenden Wochen sollen noch weitere Elemente wie Infor­ma­ti­ons­stelen, Kunst­in­stal­la­tionen und gastro­no­mische Einrich­tungen folgen. Die Eröffnung markierte zugleich den Beginn der Sommer­saison, in der das Ufer tradi­tionell zu den meist­be­suchten Orten der Stadt gehört.

Veran­stal­tungen zum 339. Geburtstag Am Samstag, dem 24. Mai 2025, nahm die Stadt Danzig den Geburtstag eines ihrer berühm­testen Söhne – des Physikers Daniel Gabriel Fahrenheit – zum Anlass für ein unter­halt­sames Veran­stal­tungs­pro­gramm, das Wissen­schaft, Geschichte und Kultur mitein­ander verband.
 Unter dem Titel »Liefen einst Jagdhunde durch die Hunde­gasse?« bot die Litera­tur­wis­sen­schaft­lerin Dr. Anna Kowalewska-Mróz eine histo­rische Führung durch jene Straße an, in der Fahrenheit im Jahr 1686 in der № 319 (der № 95 in der heutigen Ogarna-Straße) geboren wurde. Sie nahm die Teilneh­me­rinnen und Teilnehmer mit auf eine Zeitreise durch eine der ältesten Straßen der Recht­stadt und vermit­telte spannende Einblicke auch in das Leben anderer bedeu­tender Persön­lich­keiten wie des Bürger­meisters Gerard Beke, des Kaufmanns Jakob Kabrun oder des Begründers des Conra­dinums, des Freiherrn Carl Friedrich Conradi.
 Darüber hinaus wurde im Herder-Zentrum der Univer­sität ein Dokumen­tarfilm des Histo­rikers und Archivars Piotr Mróz gezeigt, der dem Gebäude in der Hunde­gasse 26 gewidmet war und an ihm und den Bewohnern exempla­risch zwei Jahrhun­derte gesell­schaft­licher und politi­scher Umbrüche erläu­terte.
 Zum Abschluss des Tages eröffnete Zbigniew Zembrzuski, der langjährige Leiter des Herder-Zentrums, seinem Publikum spannende Einblicke in die vielfältige Natur des Nachbar­landes Deutschland. Seine Schil­de­rungen führten von den einzig­ar­tigen Wattland­schaften über die Quellen der Pader inmitten der Stadt Paderborn bis hin zum Spreewald.

Adrian Wojta­szewski

Schiffbau weiter auf Erfolgskurs Auf der Danziger Werft Remontowa Shipbuilding S.A. schreitet der Bau des letzten von sechs Minen­jagd­booten der Projekt-Reihe 258 Kormoran II rasch voran. Dieses Schiff soll den Namen Czajka tragen und wird nach Fertig­stellung seinen Dienst in der 12. Minen­such­flot­tille in Swine­münde aufnehmen. Dabei wird es Aufgaben bei der Suche, Identi­fi­zierung und Neutra­li­sierung von Seeminen, bei der Erkundung von Wasser­straßen, der Begleitung von Schiffen durch minen­ver­seuchte Gewässer sowie beim Auslegen von Minen und der Fernsteuerung von Minen­ab­wehr­platt­formen übernehmen. Die Boote dieses Typs können sowohl in der polni­schen Wirtschaftszone als auch im Rahmen inter­na­tio­naler Missionen in der Ostsee und darüber hinaus einge­setzt werden, um NATO‑, EU- und multi­na­tionale Koali­ti­ons­streit­kräfte zu unter­stützen.
 ie Werft Crist S.A. in Gdingen hat mit der Reederei Maersk Supply Service Canada Ltd. einen Vertrag über den Bau eines Spezi­al­schiffs geschlossen, das Sea Dragon heißen und nach der Indienst­stellung der Versorgung von Bohrinseln auf dem umfang­reichen Ölfeld White Rose vor den Küsten von Neufundland und Labrador dienen soll. Die »See-Drache« wird in der Länge 107 m messen und über Fähig­keiten eines Eisbre­chers verfügen. Neben den üblichen Aufgaben eines Offshore Support Vessel (OSV) vermag sie auch zur Unter­stützung von Tiefsee­boh­rungen und als Rettungs­einheit bei Seenot­fällen einge­setzt werden. 

Peter Neumann

Gedenk­konzert in Danzig Am 8. Mai, an dem sich das Ende des Zweiten Weltkrieges zum 80. Mal gejährt hat, veran­staltete das Danziger General­kon­sulat in der Stanisław-Moniuszko-Akademie ein Konzert von Strei­chern des Baltic Sea Philhar­monic, die unter Leitung des Violi­nisten Jan Bjøranger standen, sowie von der Pianistin Yejin Gil. Auf dem Programm standen Krzysztof Pender­eckis Drei Stücke im alten Stil, Johann Sebastian Bachs »Ricercar a 6 c‑Moll« aus dem Musika­li­schen Opfer, BWV 1079 (im Arran­gement von Thomas Zehetmair), und das Klavier­konzert e‑Moll op. 11 (in der Fassung für Klavier und Streicher) von Frédéric Chopin.
 Vor dem Beginn der musika­li­schen Darbie­tungen ergriffen einige Ehren­gäste das Wort und sprachen aus dem gegebenen Anlass heraus über die – seit einigen Jahren bestür­zen­der­weise wieder virulent gewor­denen Schrecken des Krieges – und über die dringende Notwen­digkeit, neuerlich Frieden und Sicherheit für alle Nationen zu schaffen. Zu den Redne­rinnen und Rednern gehörten der Rektor der Moniuszko-Musikakademie, prof. dr hab. Ryszard Jerzy Minkiewicz, Aleksandra Dulkiewicz, die Stadt­prä­si­dentin von Danzig, Heiko Miraß, der Parla­men­ta­rische Staats­se­kretär für Vorpommern und das östliche Mecklenburg und schließlich – in einem ihrer letzten öffent­lichen Auftritte in Danzig – die schei­dende General­kon­sulin Cornelia Pieper.

Anna Labudda
 

… Elbing

Neue Altstadt­ge­bäude Die Elbinger Altstadt hat sich in den letzten Jahrzehnten zu einer Art Labora­torium entwi­ckelt, in dem mit den Möglich­keiten einer variablen Verknüpfung von heutiger, »postmo­derner« Archi­tektur mit rekon­struk­tiven, histo­ri­sie­renden oder auch mit Zitaten oder Anspie­lungen arbei­tenden Gestal­tungs­an­sätzen experi­men­tiert wird. Dabei kommen durchaus Gebäude zustande, die von Fachleuten wie Laien kontrovers disku­tiert werden, immer wieder aber finden sich auch Konzepte, die intuitiv überzeugen und dem Erschei­nungsbild einzelner Straßenzüge wichtige Akzente verleihen.
 Zu dieser zweiten Gruppe dürfte ein Entwurf gehören, für dessen Reali­sierung Anfang Mai bei der Stadt­ver­waltung eine Bauge­neh­migung beantragt worden ist. Die Pläne stammen von dem Bauträger »Mytych«, der bereits verschiedene Häuser in der Altstadt errichtet hat – darunter der umstrittene Wohnblock in der Maurer­straße. Aktuell geht es um ­einen Wohn- und Geschäfts­haus­komplex an der Ecke zwischen der Heiliggeist-Straße und der ehema­ligen Wasser­straße. Auf der Seite der Heiliggeist-Straße werden zwei Fassaden rekon­struiert: Die No. 2 erhält eine schlichte Gebäu­de­hülle im Stil des 19. Jahrhun­derts, die No. 1 nimmt die Formen eines Giebel­hauses aus der Zeit um 1650 wieder auf. Auf der Seite der Wasser­straße hingegen orien­tieren sich die Archi­tekten an zeitge­nös­si­schen Formen. Entworfen wurde der Komplex von dem Elbinger Archi­tek­tenbüro »Euro-Projekt Grzegorz Latecki«; und er soll den Namen »Promenada« erhalten.

  Bartosz Skop

… Marienburg

Die letzte Belagerung der Marienburg  Am 7. Mai fand im Stadt­museum die Vorstellung einer neuen Publi­kation des Histo­rikers Dr. Tomasz Gliniecki statt. Darin hat er sich der »letzten Belagerung von Marienburg« im Jahre 1945 zugewandt – Ostatnie oblężenie Marienburg-Malbork 1945 – und damit die erste polnisch­spra­chige wissen­schaft­liche Arbeit über die Kämpfe um die Stadt vorgelegt. Mit seinen Forschungs­er­geb­nissen ergänzt und erweitert er den Wissens­stand über die letzten Monate des Zweiten Weltkrieges im östlichen Teil der heutigen Woiwod­schaft Pomorze und erschließt militär­ge­schichtlich detail­liert die Truppen­be­we­gungen und Kampf­hand­lungen. Dabei grenzt er seine Darstellung gegenüber den Narra­tiven ab, die einseitig aus der ideolo­gi­schen Perspektive der Roten Armee entwi­ckelt und in der kommu­nis­ti­schen Zeit politisch durch­ge­setzt wurden. Das derart entste­hende diffe­ren­zierte Bild der Vorgänge kann einer unvor­ein­ge­nom­menen Diskussion der bis heute unver­ges­senen kriege­ri­schen Ausein­an­der­set­zungen und ihrer verhee­renden Folgen neue Impulse verleihen.

1945 – Ende und Anfang­ Am 9. Mai wurde im Stadt­museum die Themen­aus­stellung »Marienburg-Malbork 1945 – Koniec i Początek« [Ende und Anfang] eröffnet. Sie ist in Zusam­men­arbeit mit dem Staats­archiv in Danzig, dem Westpreu­ßi­schen Landes­museum und dem zugehö­rigen Kultur­re­ferat in Warendorf sowie der Stiftung für deutsch-polnische Zusam­men­arbeit entstanden und wurde sowohl für die Menschen konzi­piert, die dieses Stück Land verlassen mussten und nie wieder dorthin zurück­kehrten, als auch für dieje­nigen, die ebenfalls alles, was sie hatten, zurück­lassen mussten, sich auf den Weg ins Ungewisse machten und auf der Suche nach einer neuen Heimat dorthin kamen. Ihr gemein­samer Bezugs­punkt wurde die Stadt an der Nogat. Diese Zeit des tiefgrei­fenden Wandels, die geprägt war von Abschied und Ankunft, von Verlust und Neuanfang, markiert das Ende der deutschen und den Beginn der polni­schen Geschichte dieser Stadt. Die Tatsache, dass die Ausstellung indivi­duelle Schicksale aus einer polnisch-deutschen Perspektive präsen­tiert, verleiht ihr eine besondere Tiefe. Sie ist somit nicht nur ein Beitrag zur lokalen Erinne­rungs­kultur, sondern auch ein Beispiel für die Kraft der Zusam­men­arbeit über nationale, histo­rische und insti­tu­tio­nelle Grenzen hinweg.

Tomasz Agejczyk

Gedenken an das Kriegsende André Ochodlo zählt zu den renom­mier­testen Inter­preten jiddi­scher Lieder. Er konzer­tierte in fast allen Ländern Europas, in Israel, Kanada und den USA. Seine Liedpro­gramme wurden inter­na­tional von vielen Radio- und Fernseh­an­stalten übertragen und auch produ­ziert. Unter der Schirm­herr­schaft der General­kon­sulin der Bundes­re­publik in Danzig fand auf Einladung von Janusz Trupinda, dem Direktor des Schloss­mu­seums Marienburg, und dem Bürger­meister der Stadt, Marek Charzewski, am 11. Mai im Karwan-Konferenzzentrum ein Konzert statt. André Ochodlo trat hier gemeinsam mit dem Żuchowski-Trio auf, das aus Karolina Krzyża­nowska (Klavier), dem Schlag­zeuger Kacper Skoli und dem Kontra­bas­sisten, Arrangeur und musika­li­schen Leiter Adam Żuchowski besteht.
 Da das Konzert aus Anlass der 80. Wiederkehr des Kriegs­endes organi­siert worden war, bot das Programm eine Reihe von einschlä­gigen Liedern, die der Thematik von Krieg und Frieden gewidmet sind und beispiels­weise von Bertold Brecht, Jacque Brel oder Julian Tuwim (dem Autor des in Polen berühmten Gedichts »Tomaszów«) verfasst wurden und zu denen selbst­ver­ständ­li­cher­weise auch Pete Seegers »Where Have All the Flowers Gone« [Sag‘ mir, wo die Blumen sind] gehört. Darüber hinaus inter­pre­tierte André Ochodlo Texte aus der von ihm angelegten Sammlung »Yiddishland«, die zwölf CD-Alben mit 120 neuen Jiddi­schen Liedern umfasst, wobei die Verto­nungen von zwölf zeitge­nös­si­schen polni­schen Kompo­nis­tinnen und Kompo­nisten stammen.

Ignacy Jan Paderewski­ Dem höchst renom­mierten Kompo­nisten und Pianisten Ignacy Jan Paderewski (1860–1941) der auch als Politiker aktiv war, wesentlich zum Wieder­erstehen des polni­schen Staates beigetragen hat und zu dessen erstem Minis­ter­prä­si­denten berufen worden war, ist am 12. Juni ein Denkmal gesetzt worden. Vom Institut für Natio­nales Gedenken (IPN) finan­ziert und von der Stadt­ver­waltung reali­siert, steht es auf dem Słowiański-Platz, auf der Grünfläche zwischen dem Marien­burger Stadtamt und dem Sitz der Staat­lichen Musik­schule 1. Grades, die Paderewskis Namen trägt. An der Enthüllung des Denkmals nahmen neben den Honora­tioren der Stadt der Direktor der Danziger Nieder­lassung des IPN, Marek Szymaniak, Marta Osowska-Utrysko, die Direk­torin der Musik­schule, und nicht zuletzt Marek Dryniak teil, der als Bildhauer an der Akademie der Schönen Künste in Krakau lehr und die Büste geschaffen hat.

Marek Dziedzic

… Thron

Straßentheater-Festival 2025 Wieder einmal verwan­delte sich Thorn in eine große, übergrei­fende Spiel­stätte, in der viele Orte vom Straßentheater-Festival belegt wurden. Diese einzig­artige Veran­staltung zieht nicht nur Theater­be­geis­terte, sondern auch Touristen und sogar Passanten an. In diesem Jahr fand das Festival an den ersten Mai-Tagen, der Majówka, statt – die in Polen tradi­tionell vom 1. bis zum 3. Mai gefeiert wird –, und konnte neben polni­schen inter­na­tionale Künstler aus Japan, Italien, Frank­reich, Deutschland und der Tsche­chi­schen Republik präsen­tieren.
 Das Konzept des Straßen­theaters beruht darauf, dass die Grenzen zwischen dem Theater und dem Publikum durch­lässig erscheinen, wenn nicht ganz aufge­hoben werden. Zudem sind die Auffüh­rungen kostenlos und stehen jedermann offen, der bereit ist, innezu­halten und in den Bannkreis des Theaters einzu­treten – und sei es auch nur für einen Moment.
 Einen Höhepunkt der Darbie­tungen bildete das abend­liche großartige Spektakel Les Girafes [Die Giraffen]: Riesige rote Figuren zogen durch die Straßen der Altstadt und wirkten fast lebendig. Ihre »Zähmung« bewerk­stel­ligte eine Sängerin, die von einer Schar von Gauklern begleitet wurde. Die Inter­ak­tionen zwischen den franzö­si­schen Darstellern und dem Publikum riefen bei den Zuschauern eine Vielzahl unter­schied­licher Empfin­dungen und starker Gefühle hervor.
 Das Straßentheater-Festival mit bemer­kens­werten 45 Auffüh­rungen in nur drei Tagen erwies sich neuerlich als durch­schla­gender Erfolg. Mehr als 30.000 Menschen besuchten die Auffüh­rungen und zeigten, dass in der Majówka neben frühlings­hafter Entspannung durchaus auch kultu­relle Erfah­rungen und ästhe­tische Erleb­nisse willkommen sind.

80. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkrieges  Am 8. Mai 2025, dem 80. Jahrestag des Kriegs­endes, gedachte Thorn der Opfer der natio­nal­so­zia­lis­ti­schen Besatzung. Bei den Feier­lich­keiten in der Altstadt hielt der Bürger­meister, Paweł Gulewski, eine Rede, in der er die Anwesenden sowohl an das Schicksal der damaligen Bewohner als auch an die unbändige Freude über die Befreiung im Mai 1945 erinnerte. Späterhin legten Vertreter der Stadt­ver­waltung und der Thorner Garnison Blumen unter einer Gedenk­tafel am Standort des ehema­ligen Kriegs­ge­fan­ge­nen­lagers im Stadtteil Glinki nieder. Unter den Teilnehmern waren auch der stell­ver­tre­tende Vorsit­zende des Stadtrats von Toruń, Marcin Czyżniewski, sowie Nachkommen briti­scher Kriegs­ge­fan­gener, die einst in den Lagern inhaf­tiert waren. Das Gedenken an alle Kriegs­opfer schlug somit auch eine Brücke der Erinnerung und Solida­rität zwischen den Generationen.

Zuzanna Foss