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Der nicht versiegende »Englische Brunnen«

Von der Elbinger Aktienbrauerei bis zur Browar Elbląg

Von Andreas Urbanek

Als im Jahr 2016 das 500. Jubiläum des deutschen Reinheitsgebots für Biere begangen wurde, wandte sich das Kulturzentrum Ostpreußen ausführlich der Bier- und Brauereigeschichte sowohl in West- als auch in Ostpreußen zu. Auf der Basis dieser Ergebnisse wird zu dieser Thematik nun in Elbing eine Ausstellung stattfinden, die in einer Kooperation des dortigen Archäologisch-Historischen Museums mit dem Kulturzentrum Ostpreußen entstanden ist und Anfang Juli eröffnet wird. Diese Veranstaltung bietet einen willkommenen Anlass, in der kleinen brauereigeschichtlichen Reihe des Westpreußen die bis heute namhafte Braustätte Elbing ins Zentrum zu rücken.

Die Entwicklung kommt in Gang

Die­se Geschich­te beginnt mit einem Brun­nen, den eng­li­sche Kauf­leu­te bereits im 16. Jahr­hun­dert bei Elb­ing ent­deckt haben sol­len. Des­halb wur­de er auch der »Eng­li­sche Brun­nen« genannt. Das Gut Eng­lisch Brun­nen gehör­te als vor­städ­ti­sches Grund­stück zur Stadt Elb­ing und wur­de von ihr über vie­le Jah­re ver­pach­tet, und zwar mit der aus­drück­li­chen Ver­pflich­tung, dass jeder­mann frei­er Zutritt zum Brun­nen zu gestat­ten sei. In der zwei­ten Hälf­te des 19. Jahr­hun­derts hat­te es eine Flä­che von 20,5 ha, wovon 17 ha auf Acker­land und Wie­sen ent­fie­len. Auf sei­nem Gebiet befand sich auch ein Teich, des­sen Flä­che 9.000 m² betrug. Ver­mut­lich bot das Was­ser des Teichs den Grund dafür, dass sich in der Grün­der­zeit eini­ge Inves­to­ren ent­schlos­sen, an die­ser Stel­le eine moder­ne Dampf­braue­rei zu errich­ten; denn das Brun­nen­was­ser eig­ne­te sich vor­züg­lich zum Bier­brau­en, und zudem ließ sich aus dem Teich im Win­ter genug Eis ern­ten, um die Gär- und Lager­kel­ler der Braue­rei zu küh­len: Da ein unter­gä­ri­ges Lager­bier nach Baye­ri­scher Art erzeugt wer­den soll­te, muss­te es bei ganz­jäh­ri­ger Pro­duk­ti­on über meh­re­re Wochen bei Tem­pe­ra­tu­ren um die 0 °C gela­gert wer­den. Eine ande­re Kühl­mög­lich­keit als mit Eis kann­te man in die­ser Zeit noch nicht.

Die Inves­to­ren grün­de­ten im Jahr 1872 eine Akti­en­ge­sell­schaft mit dem Namen Elb­in­ger Akti­en­braue­rei; das Kapi­tal belief sich auf 300.000 Taler in 3.000 Akti­en zu je 100 Talern. Im Auf­sichts­rat der neu gegrün­de­ten Gesell­schaft fin­det sich neben sechs Per­so­nen aus Elb­ing auch ein Herr Güter­mann aus Nürn­berg. Die­se Stadt war bereits um die Mit­te des 19. Jahr­hun­derts nicht nur die größ­te Pro­du­zen­tin, son­dern auch die bedeu­tends­te Expor­teu­rin von Bier in ganz Bay­ern. Es ver­wun­dert daher nicht, dass man bei dem Vor­ha­ben, Bier nach Baye­ri­scher Art zu pro­du­zie­ren, einen erfah­re­nen Fach­mann aus Nürn­berg hin­zu­ge­zo­gen hat.

Da die Braue­rei in Eng­lisch Brun­nen erst erbaut wer­den muss­te, erwarb die Gesell­schaft die bereits bestehen­de Braue­rei im nahe gele­ge­nen Wein­grund­forst, die auf eine jähr­li­che Bier­pro­duk­ti­on von etwa 10.000 hl ein­ge­rich­tet war. Sie soll­te die Kun­den so lan­ge mit Bier ver­sor­gen, bis die eige­ne Pro­duk­ti­on zu begin­nen ver­moch­te. Die neue Braue­rei soll­te anfangs etwa 30.000 hl Bier jähr­lich erzeu­gen, ihr Sud­haus wur­de aber bereits der­art dimen­sio­niert, dass man die Pro­duk­ti­on mit der Zeit bis auf 100.000 hl jähr­lich stei­gern konnte.

Die Braue­rei in Wein­grund­forst hat­te im Jahr 1871 etwa 5.800 hl Bier erzeugt. Im fol­gen­den Jahr konn­te man die Pro­duk­ti­on auf über 10.000 hl stei­gern. Bedau­er­li­cher­wei­se lie­ßen sich dar­aus aber kaum Gewin­ne erwirt­schaf­ten, weil der viel zu war­me – und mit­hin eis­freie – Win­ter dazu zwang, meh­re­re Schiffs­la­dun­gen Eis aus Nor­we­gen zu bezie­hen – und die­ses Eis war äußerst kost­spie­lig. Zu die­ser Zeit wur­den zur Her­stel­lung von 100 l Bier durch­schnitt­lich 100 kg Eis benö­tigt. Wäh­rend die Kos­ten der Eis­ge­win­nung aus dem eige­nen Teich bei etwa 20 Pfen­ni­gen pro 100 kg lagen, kos­te­te die glei­che Men­ge nor­we­gi­sches Eis etwa eine Mark. Über­dies konn­te sich die­ser Preis für Eis aus Nor­we­gen in einem war­men Win­ter oft sogar noch verdreifachen.

Krise und Neubeginn

Im Jahr 1873 konn­te die neue Braue­rei ihre Pro­duk­ti­on auf­neh­men. Gleich in ihrem ers­ten Betriebs­jahr stieß sie 17.000 hl Bier aus. Die Pro­duk­ti­on in Wein­grund­forst lief aus, und die dor­ti­ge Braue­rei wur­de zu einer Mäl­ze­rei umge­baut, die von da an Ver­sor­gung mit Malz über­nahm. 1874 wur­den bereits 19.000 hl Bier gebraut, was die Aus­zah­lung einer fünf­pro­zen­ti­gen Divi­den­de an die Aktio­nä­re erlaub­te. Auch in den fol­gen­den bei­den Jah­ren ent­wi­ckel­te sich das Unter­neh­men sehr gut, 1877 jedoch brach der Ver­kauf plötz­lich ein. Das Bier schmeck­te nicht mehr und ver­darb schnell: 1.200 hl muss­ten weg­ge­schüt­tet wer­den, weil das Bier bereits in den Lager­fäs­sern sau­er wur­de. Da sich die Arbeits­wei­se nicht geän­dert hat­te, fand nie­mand eine Erklä­rung für die­ses Phä­no­men. Die Unter­bi­lanz der Gesell­schaft betrug für das Jahr 1877 fast 100.000 Mark. Sie stieg im nächs­ten Jahr bis auf 143.541 Mark, und nach­dem sie für 1879 auf 181.389 Mark ange­wach­sen war, beschloss die Gene­ral­ver­samm­lung am 5. Janu­ar 1880 die Liqui­da­ti­on und Auf­lö­sung der Gesell­schaft. Bereits am 7. Febru­ar kam es in Elb­ing, in den Räu­men des könig­li­chen Notars Jus­tiz­rat Hein­rich am Alten Markt 2 zu einer öffent­li­chen Ver­stei­ge­rung. Das Höchst­ge­bot von 400.000 Mark gab an die­sem Tag das Königs­ber­ger Bank­haus J. Simon Wit­we & Söh­ne ab. Die Inha­ber der Braue­rei lehn­ten die­sen Ver­kauf aber ab.

Statt­des­sen bil­de­te sich unter dem Namen Braue­rei Eng­lisch Brun­nen eine neue Akti­en­ge­sell­schaft, die am 20. Febru­ar für den Kauf­preis von 435.000 Mark sowohl die Braue­rei als auch die Mäl­ze­rei in Wein­grund­forst und zwei Restau­ra­ti­ons­lo­ka­le erwarb. Das Akti­en­ka­pi­tal betrug 450.000 Mark mit Akti­en à 1.000 Mark. Die neu­en Eigen­tü­mer inves­tier­ten sogleich in die Moder­ni­sie­rung des Betrie­bes. Davon zeu­gen Zei­tungs­in­se­ra­te, in denen die bis­he­ri­ge Ein­rich­tung zum Kauf ange­bo­ten wur­de. Nun wur­de auch das Brau­was­ser in der Quel­le auf sei­ne Qua­li­tät hin unter­sucht, mit dem Ergeb­nis, dass es – ver­mut­lich durch die Braue­rei­ab­wäs­ser – ver­un­rei­nigt war. Nach­dem hier Abhil­fe geschaf­fen wor­den war, ver­kauf­te Eng­lisch Brun­nen im Betriebs­jahr 1881 / 82 fast 9.000 hl Bier, ein Jahr spä­ter waren es bereits über 12.000 hl. Im Ange­bot hat­te man damals ein Lager­bier nach Königs­ber­ger Art, das 22,50 Mark je Ton­ne (112 l) kos­te­te, ein Böh­mi­sches Lager­bier nach Pils­ner Art für 27 Mark je Ton­ne sowie ein Export­bier nach Nürn­ber­ger Art, das zu einem Preis von 30 Mark je Ton­ne ver­kauft wurde.

In der Erfolgsspur

Wei­ter auf­wärts ging es mit der Braue­rei ab dem Jahr 1884, als neben dem tech­ni­schen Direk­tor Max Hardt der Kauf­mann Robert Sy zum Vor­stands­mit­glied gewählt wur­de. – Die Pro­duk­ti­on stieg deut­lich an, und dadurch erwies sich die Mäl­ze­rei in Wein­grund­forst mit der Zeit als zu klein. 1888 wur­de die Errich­tung einer gro­ßen, modern aus­ge­stat­te­ten Mäl­ze­rei in Eng­lisch Brun­nen beschlos­sen. Um den Bau finan­zie­ren zu kön­nen, muss­te das Akti­en­ka­pi­tal neu­er­lich erhöht wer­den. Die Gene­ral­ver­samm­lung vom 27. Okto­ber 1888 kam über­ein, das Kapi­tal durch die Aus­ga­be von 150 neu­en Akti­en zu je 1.000 Mark auf 600.000 Mark zu erhö­hen; der Bau der Mäl­ze­rei war somit gesichert.

Das Malz ist sozu­sa­gen die See­le des Bie­res, denn durch das Malz wird auch des­sen Cha­rak­ter bestimmt. Je nach­dem, wie das Malz getrock­net wird, erhält man hel­le, gold­far­be­ne oder dunk­le Bie­re. Somit ist die Malz­dar­re, in der das Malz getrock­net wird, der­je­ni­ge Teil des Betriebs, in dem die Far­be des zukünf­ti­gen Bie­res bestimmt wer­den kann. Waren um die Mit­te des 19. Jahr­hun­derts die Rot­bie­re aus Nürn­berg ein Export­schla­ger, so erfreu­ten sich in den 1880er Jah­ren die dunk­len, voll­mun­di­gen Bie­re aus Mün­chen immer grö­ße­rer Beliebt­heit. Noch im Jahr 1889 bestell­te die Braue­rei des­halb bei der Münch­ner Fir­ma Wil­helm Rei­schl eine Malz­dar­re, die spe­zi­ell für die Pro­duk­ti­on von Malz nach Münch­ner Art ent­wi­ckelt wor­den war. Um zudem auch Mal­ze für hel­le und gold­far­be­ne Bie­re her­stel­len zu kön­nen, muss­te eine sepa­ra­te Anla­ge gebaut wer­den. Die­sen Auf­trag erhielt die Chem­nit­zer Fir­ma Burg­hardt & Zies­ler. Nach der Inbe­trieb­nah­me der neu­en Mäl­ze­rei wur­de die bis­her genutz­te in Wein­grund­forst still­ge­legt und 1892 an den Mol­ke­rei­be­sit­zer Schroe­ter verkauft.

Unter dem Brau­meis­ter R. Lan­ge stieg der Bier­ab­satz ste­tig von Jahr zu Jahr: 1889 / 90 betrug er 40.040 hl, ein Jahr spä­ter waren es 42.484 hl. Um wei­te­re Inves­ti­tio­nen täti­gen zu kön­nen, wur­de das Akti­en­ka­pi­tal 1892 noch­mals erhöht, und zwar dies­mal gleich um 300.000 auf nun­mehr 900.000 Mark. Zum 1. Janu­ar 1895 nahm ein neu­er Brau­meis­ter sei­ne Arbeit auf. Es war Fritz Wochele, ein Mann mit rei­cher Erfah­rung, der zuvor bei­spiels­wei­se die Braue­rei­en Notre-Dame in Sois­sons, Sophien­hof in Aalen und Schult­heiss in Ber­lin gelei­tet hat­te. Unter sei­ner Füh­rung wur­den ein neu­es Sud­haus mit Dampf­ko­chung ein­ge­rich­tet und die Mäl­ze­rei moder­ni­siert. Bis zum Jahr 1900 wur­den bei­de Malz­dar­ren durch die Fir­ma Topf & Söh­ne aus Erfurt zu »Uni­ver­sal­d­ar­ren« umge­baut, mit denen nun jede Sor­te Malz her­ge­stellt wer­den konn­te. Der Bier­ab­satz stieg bis zum Betriebs­jahr 1899/1900 auf 53.975 hl.

Kurz nach der Eröff­nung der Haf­fu­fer­bahn erhielt 1899 auch Eng­lisch Brun­nen für 60.000 Mark einen Gleis­an­schluss, wodurch sich neue Ver­triebs­we­ge eröff­ne­ten. Jetzt konn­ten die Depen­dan­cen noch ein­fa­cher belie­fert wer­den. Nach­dem die Braue­rei schon im Jahr 1897 Zweig­nie­der­las­sun­gen in Allen­stein, Dir­schau und Thorn errich­tet hat­te, kam 1898 eine in Dan­zig hin­zu, 1903 folg­te eine in Grau­denz und 1904 eine wei­te­re in Brom­berg. In die­sem Jahr fei­er­te die Braue­rei ihr 25-­jähriges Bestehen.

1904 gab es neu­er­lich einen Brau­meis­ter­wech­sel: Fritz Wochele ver­ließ die Fir­ma und kauf­te für 182.000 Mark die Ordens­braue­rei in Mari­en­burg. Sein Nach­fol­ger wur­de der 1874 gebo­re­ne Wil­helm Gün­thert, der aus der Inha­ber­fa­mi­lie der Adler Braue­rei Gün­thert im unter­frän­ki­schen Obern­breit stamm­te. Er erlern­te den Brau­er­be­ruf im väter­li­chen Betrieb und hat­te seit 1891 in ver­schie­de­nen Braue­rei­en in Fran­ken, Schle­si­en und Böh­men, im Rhein­land sowie in Sach­sen und Hol­land gear­bei­tet, bevor er 1901 zur Versuchs- und Lehr­an­stalt für Braue­rei in Ber­lin ging und dort 1902 sei­ne Braumeister-Prüfung ableg­te. Danach war er zunächst zwei Jah­re lang Brau­meis­ter in der Braue­rei von Dr. But­ter im schle­si­schen Frei­burg und ent­schied sich dann für die Tätig­keit in Elbing.

Dies war nicht die ein­zi­ge per­so­nel­le Ver­än­de­rung in die­ser Zeit. Ende Novem­ber 1905 ver­starb der lang­jäh­ri­ge Direk­tor Max Hardt. Zu sei­nem Nach­fol­ger wur­de Johan­nes Adisch­ke­witz ernannt. – Die vor­han­de­ne Was­ser­quel­le erwies sich inzwi­schen als der­art ergie­big, dass man sich 1906 ent­schloss, ihr Was­ser nicht nur zu Brau‑, son­dern auch zu Kühl­zwe­cken zu nut­zen und auf den Ein­satz des Teich­was­sers gänz­lich zu ver­zich­ten. Das Quell­was­ser hat­te das gan­ze Jahr über eine kon­stan­te Tem­pe­ra­tur von nur sie­ben Grad Cel­si­us und lie­fer­te bei vol­lem Betrieb 35.000 l Was­ser in der Stunde.

Vom Ende des Ersten bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges

Unter der Lei­tung von Johan­nes Adisch­ke­witz und Wil­helm Gün­thert war die Bier­pro­duk­ti­on von Jahr zu Jahr gestie­gen und hat­te bis zum Aus­bruch des Ers­ten Welt­krie­ges einen Aus­stoß von 88.000 hl erreicht. Im Kriegs­jahr 1917 fiel der Absatz aber um fast die Hälf­te auf 45.000 hl; nach dem Krieg und dem Ver­trag von Ver­sailles wur­de die Lage dann gänz­lich pre­kär, denn jetzt ver­lor die Braue­rei ihre Absatz­ge­bie­te in den ehe­ma­li­gen Pro­vin­zen Posen und West­preu­ßen, die sich zu wei­ten Tei­len nun­mehr im neu gegrün­de­ten pol­ni­schen Staat befan­den. Hin­zu kam der Man­gel an Roh­stof­fen für die Bier­pro­duk­ti­on. Die Direk­ti­on von Eng­lisch Brun­nen hat­te aber recht­zei­tig vor­ge­sorgt. Zum einen hat­te sie bereits 1916 die Ordens­braue­rei in Mari­en­burg erwor­ben, und im Jahr 1918, in dem die Roh­stoff­kon­tin­gen­te für Braue­rei­en auf zehn Pro­zent der Frie­dens­men­ge gekürzt wur­den, kauf­te sie die Braue­rei­en Fischer und Roden­acker in Dan­zig sowie die Braue­rei­en Ham­mer­müh­le in Mari­en­wer­der und Bart­li­kow­ski & Esch­holz in Löbau. Mit den Zutei­lun­gen der zusätz­lich erwor­be­nen Braue­rei­en ließ sich auch wei­ter­hin noch Bier brau­en – sofern man ein Getränk, das unter die­sen Bedin­gun­gen nur noch drei Pro­zent Stamm­wür­ze auf­wies, über­haupt noch als »Bier« bezeich­nen konnte.

Nach dem Krieg trat Alex­an­der Mül­ler als neu­er Brau­meis­ter an die Stel­le von Wil­helm Gün­thert. Die Braue­rei wur­de noch ein wei­te­res Mal ver­grö­ßert. In die­sem Zusam­men­hang erhielt die Fir­ma Weigel in Neis­se den Auf­trag, ein moder­nes Sud­haus zu errich­ten, in dem drei Ton­nen Malz pro Sud ver­braut wer­den konn­ten. Mit die­ser Aus­stat­tung lie­ßen sich theo­re­tisch 250.000 hl Bier pro Jahr brau­en, wobei die­se Mar­ge frei­lich zu kei­ner Zeit erreicht wur­de. Immer­hin stieg die Pro­duk­ti­on von ca. 60.000 hl um die Mit­te der 1920er Jah­re bis auf 90.000 hl im Jahr 1938.

In die­ser Zeit besaß die Gesell­schaft Nie­der­las­sun­gen in Allen­stein, Lyck, Sen­s­burg, Til­sit, Gum­bin­nen, Mühl­hau­sen (Ost­pr.), Ras­ten­burg, Saal­feld (Ost­pr.), Kahl­berg, Mari­en­burg (West­pr.), Schnei­de­mühl, Deutsch Kro­ne und Hein­richs­wal­de. Zum Bier­trans­port stan­den der Braue­rei neun eige­ne Eisen­bahn­wag­gons, 26 Kraft­fahr­zeu­ge und ca. 20 Pfer­de­ge­span­ne zur Ver­fü­gung. 1940 konn­te noch die Sech­zig­jahr­fei­er der Akti­en­ge­sell­schaft »bei stei­gen­der Pro­duk­ti­on« gefei­ert wer­den, die bis zum Jahr 1941 über 170.000 hl Bier erreich­te. Dies jedoch waren die letz­ten posi­ti­ven Nach­rich­ten aus der Zeit des Zwei­ten Weltkrieges.

Von 1945 bis heute

Als die Rote Armee die Braue­rei im Früh­jahr 1945 ein­ge­nom­men hat­te, waren die Anla­gen zu 70 % zer­stört. Nie­der­ge­brannt waren bei­spiels­wei­se die Mäl­ze­rei, das Sud­haus und das Büro­ge­bäu­de. Im Juni 1945 über­gab die sowje­ti­sche Kom­man­dan­tur den Betrieb an die pol­ni­schen Behör­den, und gemäß dem Erlass vom 3. Janu­ar 1946 über die Über­nah­me des von den Deut­schen hin­ter­las­se­nen Ver­mö­gens ging die Braue­rei – zusam­men mit sämt­li­chen Grund­stü­cken und Immo­bi­li­en, auch an ande­ren Stand­or­ten – in das Eigen­tum des pol­ni­schen Staa­tes über.

Anfang 1946 war das Sud­haus wie­der so weit in Stand gesetzt, dass die Beleg­schaft am 6. Febru­ar 1946 mit dem Brau­en begin­nen konn­te. Das Unter­neh­men gehör­te jetzt zunächst zur »Zen­tra­len Ver­wal­tung der Staat­li­chen Gärungs­in­dus­trie in Brom­berg« (Cen­tral­ny Zar­ząd Państ­wo­wego Prze­mysłu Fer­ment­a­cy­j­n­ego w Bydg­oszc­zy). 1950 wur­den dann die »Elb­in­ger Braue­rei­be­trie­be« gegrün­det (Elbląs­kie zakła­dy Piwo­war­skie), zu denen neben der ehe­ma­li­gen Braue­rei Eng­lisch Brun­nen auch die Braue­rei in Brauns­berg (Bro­war Bra­ni­e­wo) und die ehe­ma­li­ge Dan­zi­ger Akti­en­braue­rei gehör­ten. Die Anla­ge in Elb­ing wur­de mehr­mals moder­ni­siert und erreich­te bis 1974, nach­dem ein neu­es Sud­haus instal­liert wor­den war, einen Jah­res­aus­stoß von 500.000 hl Bier.

Schließ­lich kam in den Jah­ren 1989/90 die poli­ti­sche Wen­de – und ihr folg­ten umge­hend aus­län­di­sche Inves­to­ren. Am 1. Mai 1991 über­nahm das aus­tra­li­sche Unter­neh­men Brew­po­le die Braue­rei­en in Elb­ing und Brauns­berg, und es ent­stand die Elbre­wery Com­pa­ny ltd. (EB), an der sich Brew­po­le mit 51 % und der pol­ni­sche Staat mit 49 % betei­lig­ten. Dank den in den Jah­ren 1992/93 vor­ge­nom­me­nen Inves­ti­tio­nen konn­ten die Bier­pro­duk­ti­on in Elb­ing bis 1997 auf fast 1 Mio. hl jähr­lich und die in Brauns­berg auf 600.000 hl gestei­gert wer­den. Im Jahr 1998 fusio­nier­te Elbre­wery mit der zum Heineken-Konzern gehö­ren­den Braue­rei Żywiec (Grupa Żywiec S. A.) und heißt seit 2004 nur noch Bro­war Elbląg. Die Bier­pro­duk­ti­on betrug im Jahr 2008 über 2,5 Mio. hl, und die Brau­stät­te gehört längst zu den füh­ren­den Unter­neh­men der Bran­che: 2010 wur­de sie bei­spiels­wei­se als bes­te Braue­rei des inter­na­tio­na­len Kon­zerns Hei­ne­ken ausgezeichnet.

Auch heu­te wird in die Braue­rei wei­ter inves­tiert. Die Żywiec-Gruppe plant für die nächs­te Zeit z. B. eine Moder­ni­sie­rung der Dosen- sowie den Aus­bau der Fla­schen­ab­fül­lung und will neue Tanks für die Gärung und Rei­fung des Bie­res errich­ten. Ange­sichts des inzwi­schen erziel­ten Aus­sto­ßes dürf­te es aller­dings eher unwahr­schein­lich sein, dass Bro­war Elbląg immer noch mit dem Was­ser aus dem Eng­li­schen Brun­nen braut.

Andreas Urbanek