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Zum guten Schluss

Bisweilen braucht es ein wenig Geduld, die Zeit von der anregenden Lektüre einer Speise­karte bis zum Auftragen der lukul­li­schen Köstlich­keiten zu überbrücken. Eine geschmack­volle Tisch­de­ko­ration mag in diesen Momenten ebenso helfen wie die Sicht hinaus in eine bezau­bernde Umgebung. Im Restaurant auf Schloss Krockow empfiehlt es sich hingegen, die Augen zu erheben, um bei der auffallend schönen Holzdecke, geschmückt mit zarten Blumen­girlanden und einem dominie­renden vielfar­bigen Akanthus­blattwerk, zu verweilen. Mit der Abstufung von kräftig dunklen Farben hin zu lichten Pastell­tönen scheint sich der Blick in höhere Sphären zu öffnen – die Gedanken können frei schweifen :  Wie war das Leben im Schloss, als diese Decke um 1700 gestaltet wurde ?  Hat Johann Gottlieb Fichte sie betrachtet, wenn er hier nach seiner Tätigkeit als Hauslehrer mit Gräfin Louise philo­so­phische Gespräche ­führte ?  Was geschah mit ihr in den Wirren des Krieges, bis das ruinierte Schloss Anfang der 90er Jahre des letzten Jahrhun­derts renoviert wurde ?  Als 1993 die Neuauflage des einschlä­gigen Dehio-­Handbuchs erschien, fanden dort die barocke Wendel­treppe im Inneren des Schlosses sowie ein Ofen aus dem 17. Jahrhundert Erwähnung, ein Hinweis auf die Holzdecke musste fehlen, denn sie wurde erst just in jenem Jahre wieder­ent­deckt und restau­riert. Seitdem nun verleiht sie dem Speiseraum zur Freude aller Gäste seine ganz besondere Atmosphäre.

Ursula Enke