Seine Exzellenz Wirklicher Geheimer Rat Gustav Karl Theodor von Below war vor 1945 der letzte Besitzer von Schlatau (Sławotówko) und Rutzau (Rcucewo), zwei, wenige Kilometer südlich von Putzig (Puck) gelegenen Gütern. Er wurde, im seinem 85. Jahr verstorben, am 12. März 1940 beigesetzt, unweit von Schloss Schlatau auf einer kleinen Anhöhe an der Gizdebka in einer Waldlichtung, »damit die Rehe über mir laufen«. Um das Land, das er besaß, hatten sich in den vorigen Jahrhunderten, wie Dokumente ab 1277 belegen, hintereinander die pommerschen Herzöge, die Wejhers, Fürst Radziwill, König Jan Sobieski, die Przebendows, die Gibsons und die Keyserlingks bemüht. 1840 hatten Belows durch den berühmten Architekten Stüler aus Berlin in Rutzau das prächtige Palais im Tudorstil bauen lassen, mit so vielen Zinnen (acht), wie sie Kinder hatten. Die Familie war dort aber nur im Sommer, da das Gebäude nicht zu heizen war. 1912 wurde das auf dem Foto abgebildete Schloss Schlatau ausgebaut, diesmal ohne einen bekannteren Architekten, mit Rutzauer Ziegeln und mit Balken aus dem Schlatauer Forst und vom Sägewerk vor Ort. Gustav von Below hatte mit seiner Frau Henriette (Henny) Quistorp zwei Töchter, Hedda und Paula. Hedda, die ältere, heiratete den Nachbarn Döring Krockow ; einer der Söhne, die aus dieser Ehe hervorgingen, war Albrecht Krockow. Paula, die jüngere, heiratete später den Nachbarn Heinrich Keyserlingk aus Neustadt (Wejherowo). – Nach dem deutschen Einmarsch 1939 wurde den Belows und den Krockows die Einstufung in die Volksliste 1 oder 2 versagt. Das Schloss Schlatau wurde daraufhin im November 1939 von der SS besichtigt und sollte konfisziert werden. Da musste Senior Gustav alle Verbindungen in Berlin spielen lassen, um erfolgreich der drohenden Enteignung zu entgehen. Sechs Jahre später gab es dann aber eine Gefahr, gegen die sich niemand mehr zu schützen vermochte. Witwe Henny wollte partout nicht fliehen. Am 7. März 1945 wurde sie von russischer Soldateska misshandelt und danach mit Balken erschlagen. Immerhin begrub sie der frühere polnische Schultheiss Schlataus, Johann Korth, trotz eines strikten Verbots heimlich neben ihrem Mann. Damit erzeigte er sich auch dankbar dafür, dass ihn sein Freund Albrecht 1940 kurz vor der Abfahrt zur Exekution im Wald von Piasnitz (Piasnica) aus dem SS-Gefängnis Neustadt befreit hatte. Gustav und Henny waren nun auf ihrer Anhöhe wieder vereint. Nach 1990 wurden Kreuz und Grabstein erneuert, und zeitweise kehrte das Leben ins Schlatauer Schloss zurück. Jetzt galoppierten Pferde am Grab vorbei. – Die Zeit der Forst- und Landwirtschaft, um die sich die Belows 200 Jahre bemühten, ist aber abgelaufen. Nun geht es darum, was neue Besucher interessieren könnte, damit sie nach Schlatau kommen. So soll in der Nähe des Schlosses, das nun ein Hotel ist und »Pałac Below« genannt wird, ein Museum eingerichtet werden, das das regionale »ethnische Mosaik« aus Kaschuben, Polen und Deutschen erläutert. Zudem entsteht in Sichtweite des Schlosses gerade ein Erlebnispark (über den im »Panorama« der vorliegenden Ausgabe berichtet wird) … Das ist völlig in Ordnung – w porządku –, wenn es den Menschen in dieser schönen Ecke der Kaschubei dient.
Text: Ulrich Graf von Krockow
Foto: Tilman Asmus Fischer