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Zum guten Schluss

Wer bei Celbau, südwestlich von Putzig, von der Woiwod­schafts­straße 216 abzweigt und dann auf der 213 in Richtung Stolp fährt, kommt wenige Kilometer hinter Zarnowitz an dem abgebil­deten Schild vorbei, das erst vor einigen Monaten aufge­stellt worden ist und im inter­na­tio­nalen Stil einer touris­ti­schen Unter­rich­tungs­tafel darauf hinweist, dass sich hier von 1920 bis 1939 eine Grenze (Granica) befunden hat. Für Vorbei­fah­rende, die mit der Geschichte oder der Region nicht allzu vertraut sind, ist es sicherlich hilfreich, eigens darauf aufmerksam gemacht zu werden, dass sie sich an einer histo­risch bedeu­tenden Stelle befinden – dass sie soeben die Linie überschreiten, die in der Zwischen­kriegszeit die Zweite Polnische Republik vom Deutschen Reich trennte. Vermutlich erst, wenn Touristen aufgrund des Schildes veran­lasst werden, diese »Sehens­wür­digkeit« tatsächlich zu besuchen, und deshalb an dem kleinen Parkplatz anhalten, werden sie bemerken, dass sie unmit­telbar zuvor einen kleinen Fluss überquert haben. Dies ist die Piasnitz (Piaśnica), die, vom südlich gelegenen großen Zarno­witzer See kommend, von hier aus nach Norden fließt und in der Nähe von Dembeck in die Ostsee mündet. Ohne dass die Piasnitz bewusst wahrge­nommen wird, dürfte sich die Bedeu­tungs­tiefe dieses erinne­rungs­träch­tigen Ortes freilich kaum erschließen: Sie markierte schon jahrhun­der­telang die Westgrenze Pomme­rellens, des König­lichen Preußen bzw. der Provinz Westpreußen, so dass sich deshalb auch die in Versailles getrof­fenen Regelungen konse­quenter Weise an dieser Linie orien­tierten. Danach setzte dann aller­dings die auf der Tafel akzen­tu­ierte Phase von 1920 bis 1939 ein, in der die Grenze so undurch­dringlich war wie kaum je zuvor. Umso beglü­ckender erscheint es demge­genüber, dass das Pikto­gramm sogar einen geöff­neten Schlagbaum zeigt, jeder diese Stelle jetzt gänzlich ungehindert zu passieren vermag – und neuer­dings allen­falls von einem Schild mit weißen Zeichen auf braunem Grund zu einem kurzen Innehalten angeregt wird. 

Text: Graf Ulrich von Krockow / DW
Foto: Alexander Kleinschrodt