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Restaurant in dem Gebäude am Thorner Altstädtischen Markt, in dem 1875 die polnische »Wissenschaftliche Gesellschaft in Thorn« (Towarzystwo Naukowe w Toruniu) gegründet worden ist. Im Schaufenster spiegeln sich die Hauptpost und der Turm der Universitätskirche wider. Foto: Ursula Enke

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Vor 500 Jahren: Vom Großmeister zum weltlichen Landesherrn

Die Staatswerdung Preußens 1525

Von Peter Paziorek

Die politi­schen und kultu­rellen Entwick­lungen, die im Jahr 1525 zur Bildung des Herzogtums Preußen führten, sind derart ­komplex und voraus­set­zungs­reich, dass sie sich nur zufrie­den­stellend erfassen lassen, wenn die Geschichte bis zur Schlacht von Tannenberg (1410), bei der der Deutsche Orden eine vernich­tende Niederlage erlitt, und dem im Folgejahr geschlos­senen Frieden von Thorn zurück­ver­folgt wird; denn diese beiden Daten vom Anfang des 15.  Jahrhun­derts markieren den histo­ri­schen Wende­punkt, von dem an bereits der außen- und innen­po­li­tische Niedergang des Ordens­staates einsetzte.

Phasen eines unaufhaltsamen Machtverlusts 

Auch wenn der Thorner Friedens­schluss von 1411 die terri­to­riale Integrität des Ordens­staates weitgehend unange­tastet gelassen hatte, führten hohe Repara­ti­ons­for­de­rungen und Lösegeld­zah­lungen zu schweren Belas­tungen. Heinrich von Plauen, der erfolg­reich die Marienburg verteidigt hatte und zum Hochmeister des Ordens gewählt worden war, bemühte sich im hohen Maße darum, den Orden wirtschaftlich und militä­risch neuerlich zu stärken, und wagte wegen Grenz­strei­tig­keiten schon im Spätsommer 1413, einen neuen Krieg gegen Polen zu beginnen, um sich von den in Thorn ausge­han­delten harten Kondi­tionen zu befreien. Doch dies wurde von einem großen Teil des Ordens nicht mitge­tragen, so dass der Krieg schnell abgebrochen und der Hochmeister abgesetzt wurde. 

Überall im Reich konsti­tu­ierten sich besondere landstän­dische Vertre­tungen, die im Interesse beispiels­weise der Städte und Gemeinden mit dem Landes­herrn Fragen der Steuer­erhebung verhandeln wollten. Die Situation des Ordens im eigenen Land wurde deshalb zunehmend schwie­riger. In dieser Konstel­lation griff 1414 die polnisch-litauische Seite neuerlich an, wobei aller­dings keine offenen Feldschlachten statt­fanden, sondern die jewei­ligen Nachschubwege attackiert und die Vorräte vernichtet wurden. Aufgrund der dadurch hervor­ge­ru­fenen Versor­gungsnöte und Seuchen erhielten diese Ausein­an­der­set­zungen den Namen »Hunger­krieg«. In den nachfol­genden Jahren blieben die Verhält­nisse zwischen den Kontra­henten weiterhin in der Schwebe, wurden allen­falls durch kurzfristige Waffen­still­stände stabi­li­siert. Erst der Frieden von Melnosee führte im Jahre 1422 zu einem wechsel­seitig akzep­tierten Interessenausgleich.

Die bis dahin fortge­setzten verlust­reichen militä­ri­schen Opera­tionen riefen eine ständig steigende Finanznot hervor, die ihrer­seits dazu führte, dass die Unter­tanen des Ordens mit immer höheren Steuer­for­de­rungen belastet wurden. Daneben taten sich in Preußen zwischen dem Orden und den Ständen zahlreiche regionale Konflikte auf. Zunehmend wurden Klagen gegen die Obrigkeit erhoben, die sich überdies in wachsender Zahl Übergriffe zuschulden kommen ließ. Verschärft wurde diese Proble­matik schließlich durch die Forde­rungen der Mächtigen im Lande, insgesamt stärker als bisher an der politi­schen Willens­bildung beteiligt zu werden. 

Am 14. März 1440 kulmi­nierte diese Entwicklung in der Gründung des Preußi­schen Bundes, des »Bundes vor Gewalt und Unrecht«, zu dem sich in Marien­werder 53 preußische Edelleute und 19 Städte zur Sicher­stellung ihrer Rechte zusam­men­schlossen. Da dieser Protest über lange Jahre keine zufrie­den­stel­lenden Ergeb­nisse zeitigte und der Kaiser den »Bund« am 1. Dezember 1453 als unrecht­mäßig verur­teilte, kündigten die preußi­schen Stände dem Hochmeister ihren Treueeid, erklärten dem Orden am 4. Februar 1454 den Krieg und unter­stellten sich mit seinem Anführer Hans von Baysen am 6. März 1454 dem polni­schen König Kasimir IV. Andreas als Schutz­herrn. Aus dem landstän­di­schen Recht einer inneren staat­lichen Organi­sation erwuchs nunmehr ein Wider­stands­recht gegen den Landes­herrn. Dabei ging es den preußi­schen Ständen eigentlich nicht um einen anderen Landes­herrn, sondern um einen besseren, der ihnen mehr Autonomie gewähren sollte. Eine solche Möglichkeit hatte und hätte der Deutsche Orden nie in Erwägung gezogen. 

Am 22. Februar 1454 erklärte auch der Polnische König dem Hochmeister den Krieg und nahm am 6. März die Erhebung der preußi­schen Stände an. Nun entspann sich bis 1466 der »Dreizehn­jährige Krieg«, bei dessen Beginn der Orden bereits etliche seiner Burgen aufgeben musste und durch den Verlust weiter Landes­teile wichtige Einnah­me­quellen verlor. Da er die Forde­rungen seiner Söldner, die als Pfand die Marienburg besetzt hatten, nicht erfüllen konnte, gab der Hochmeister 1457 sogar seinen Hauptsitz auf und siedelte nach Königsberg um. Nur wenige Tage danach hielt der polnische König, nachdem er den Besatzern ihren Sold gezahlt hatte, Einzug in das Ordens­schloss an der Nogat.

Neun weitere Jahre dauerten die kriege­ri­schen, vor allem von marodie­renden Söldner­truppen geführten Ausein­an­der­set­zungen noch an, die Niederlage des Ordens zeichnete sich aber immer deutlicher ab, so dass der Hochmeister letztlich einem Friedens­schluss zustimmen musste, der am 15. Oktober 1466 – wiederum in Thorn – besiegelt wurde. Durch die Bestim­mungen dieses Zweiten Thorner Friedens wurden weite Teile des preußi­schen Landes der Polni­schen Krone zugeordnet, die Marienburg blieb in feind­licher Hand, und auch das Ermland wurde abgetrennt und kam an das autonome Polnisch-Preußen, das der Orden nun offiziell abtrat. Damit war die dominie­rende Stellung des Ordens im Ostseeraum endgültig beseitigt.

Die Fesseln der polnischen Lehnsherrschaft

Durch den Friedens­schluss verän­derte sich aller­dings auch der Status der übrigen, dem Orden noch verblie­benen Gebiete. Von nun an sollte der Hochmeister dem polni­schen König einen Treueeid schwören, wodurch der Ordens­staat Polen faktisch inkor­po­riert zu werden drohte. Dabei blieb es unerheblich, ob der Hochmeister entspre­chend der Privi­le­gierung des Ordens solch einen Lehnseid überhaupt schwören konnte; denn dieses Vorrecht hatte aufgrund der nun einge­tre­tenen macht­po­li­ti­schen Konstel­lation seinen Schutz­cha­rakter eingebüßt. Zwar wehrte man sich auf Seiten des Ordens anfänglich noch gegen eine solche Verpflichtung, am Ende aber akzep­tierten die jewei­ligen Hochmeister bis 1498 das ihnen aufer­legte Lehnsverhältnis. 

Diese recht­lichen Abhän­gig­keiten des Ordens engte seine Handlungs­mög­lich­keiten in hohem Maße ein; denn gegenüber dem Lehns­herrn bestand eine der zentralen Verpflich­tungen für einen Vasallen in der Heeres­folge. Die staats­po­li­tische Lage erschien somit am Ende des 15. Jahrhun­derts als geradezu hoffnungslos. So kann es kaum wunder­nehmen, dass der Erzbi­schof von Gnesen sogar anregte, den polni­schen König in Perso­nal­union als Hochmeister einzusetzen. 

Der Orden suchte diese Fesseln dadurch zu lockern, dass er begann, die Hochmeis­ter­würde deutschen Fürsten­söhnen anzutragen. Dank diesem takti­schen Zug versprach man sich stärkere Unter­stützung aus dem Reich und hoffte, derart die Ansprüche und den Einfluss des polni­schen Königs zurück­drängen zu können. So wurde 1498 mit Herzog Friedrich von Sachsen erstmals ein Reichs­fürst zum neuen Hochmeister gewählt. Ihm gelang es, die Bezie­hungen zum Deutschen Kaiser Maximilian zu verbessern und tatsächlich den Treueeid zu verweigern. Von erheb­lichem Nachteil war aller­dings, dass Friedrich sich mehrere Jahre lang nicht in seinem Herrschafts­gebiet aufhielt und somit eine Vielzahl von energisch einge­lei­teten Reform­maß­nahmen, die vor allem auf eine Konso­li­dierung des Staats­haus­halts zielten, nicht zum Erfolg führen konnte. Im Alter von 37 Jahren starb er 1510 in seiner Heimat, in Rochlitz. 

Noch während Fried­richs Amtszeit hatten Reprä­sen­tanten des Ordens mit den Hohen­zollern Verhand­lungen aufge­nommen, um frühzeitig aus diesem Haus einen Nachfolger zu gewinnen. Diese Gespräche führten zu dem Ergebnis, dass der aus der fränki­schen Linie stammende Markgraf Albrecht von Brandenburg-Ansbach zur gegebenen Zeit zum Hochmeister gewählt werden sollte: Gemäß der für die Hohen­zollern festge­legten Erbfol­ge­regeln, der Dispo­sitio Achillea, war der 1490 geborene Albrecht zu einer geist­lichen Laufbahn bestimmt worden und mit 16 Jahren bereits als Domherr an den Hof des Kurfürsten Hermann von Köln gelangt. Hinzu kam, dass er ein Neffe des polni­schen Königs Sigismund I. war. Diese verwandt­schaft­lichen Bezie­hungen nährten die Hoffnung, der Orden könnte auf fried­lichem Wege eine größere Unabhän­gigkeit des Ordens erreichen. Nach seiner Wahl (im Dezember 1510) und seinem Einzug in Königsberg (im Herbst 1512) zerschlugen sich diese zuver­sicht­lichen Erwar­tungen aller­dings. Sigismund forderte unver­wandt die Leistung des Huldi­gungs­eides, so dass Albrecht darauf sinnen musste, sich dieser Forderung zu entziehen. 

Aus dem Bedürfnis heraus, den Orden endlich aus seiner schwachen Position zu befreien, entschloss sich Albrecht zu einem ­äußerst riskanten Manöver. Als letzten militä­ri­schen Versuch, die polnische Vormund­schaft abzuschütteln, begann er am Jahres­wechsel 1519/20 den »Reiter­krieg«, der 16 Monate währte. Diese mit wechselndem Kriegs­glück geführten Ausein­an­der­set­zungen, bei denen offene Feldschlachten vermieden und des Öfteren diplo­ma­tische Friedens­in­itia­tiven ergriffen wurden, kamen zu einem Ende, weil der römisch-deutsche Kaiser Karl V. und der böhmisch-ungarische König Ludwig II. inter­ve­nierten und einen vierjäh­rigen Waffen­still­stand vermit­telten, der am 5. April 1521 in Kraft trat. Diese Verein­barung bestä­tigte, dass beide Seiten am Ende ihrer wirtschaft­lichen und militä­ri­schen Möglich­keiten angekommen waren. Albrecht zog sich nun in seine Heimat zurück, um seine weiteren Handlungs­op­tionen aus einigem Abstand heraus zu überprüfen und zu überdenken. Dort musste er freilich feststellen, dass er in Deutschland für seine Position in Preußen keine Unter­stützer mehr finden würde: Im Reich hatte man zu dieser Zeit aufgrund anwach­sender sozialer Unruhen und gesell­schaft­licher Konflikte – wie sie beispiels­weise in Aufständen der Bauern­schaft oder vor allem in den brisanten Positionen der Refor­ma­toren manifest wurden – eigene, anders­ge­la­gerte politische Probleme zu lösen.

»Vide mirabilia!«

Gerade jene von der Refor­mation entfal­teten Kräfte gewannen für die weitere Entwicklung des Ordens­staates wie für das persön­liche Schicksal des Hochmeisters eine überra­gende Bedeutung, denn sie ermög­lichten eine Entwicklung, die binnen des kurzen Zeitraums von vier Jahren grund­stür­zende Verän­de­rungen hervorrief. – Albrecht lebte, nachdem er Preußen verlassen hatte, die meiste Zeit über in Nürnberg, wo die Refor­mation von ihrem Beginn an eine große Anhän­ger­schaft hatte. Vermutlich hörte er damals bereits Predigten Andreas Osianders, der seit 1522 als Theologe an der Lorenz­kirche wirkte. Albrechts anhal­tende geistige Nähe zu diesem einfluss­reichen Refor­mator spiegelt sich nicht zuletzt darin wider, dass er Osiander 1549 an die Königs­berger Univer­sität berief, ihn dort gegen die Statuten zum professor primarius, zum Dekan der theolo­gi­schen Fakultät, ernennen ließ und unbeirrt an dessen höchst umstrit­tenen, mehrheitlich abgelehnten Lehrmei­nungen festhielt.

Einen weiteren Kontakt zu den refor­ma­to­ri­schen Bestre­bungen wollte Dietrich von Schönberg, ein führender Rat und Günstling des Hochmeisters – der abschätzig auch als »des hoemeisters underhembd« bezeichnet wurde – schon 1521 stiften, indem er anregte, Martin Luther um Vorschläge zu bitten, auf welche Weise die Regeln des Deutschen Ordens erneuert werden könnten. Nach einigen Verzö­ge­rungen kam Albrecht im Jahre 1523 auf diesen Gedanken zurück und wandte sich mit jenem Anliegen nun selbst an Luther. Seine Ratschläge kleidete der Refor­mator in die Form eines, leider nicht exakt datier­baren Sendschreibens, dem er den folgenden Titel gab: »An die herren Deutschs ¦ Ordens / das sy falsche keusch= ¦ hait meyden / vnd zůr rech ¦ ten Eelichen keusch= ¦ hait greyffen / ¦ Ermanūg«. In seinen Ausfüh­rungen beschränkte sich Martin Luther freilich nicht darauf, den Ordens­brüdern die Ehe anzuraten, vielmehr empfahl er eine vollständige Auflösung des Ordens und die Verwandlung seines Staates in ein weltliches Terri­torium. Darum reiste Albrecht im Jahre 1524 selbst nach Wittenberg, um sich im persön­lichen Gespräch mit dem Refor­mator zu beraten. Nach diesem Treffen war offenbar Albrechts Entscheidung gefallen, die Umwandlung des Ordens­staates in ein weltliches Herzogtum anzustreben. 

Dabei wusste der Hochmeister natürlich, dass ein derart tiefgrei­fender Wandel nur mit dem Einver­ständnis des polni­schen Königs herbei­ge­führt werden könnte. Deshalb galt es, zügig Verhand­lungen aufzu­nehmen – wobei das baldige Auslaufen der Vierjah­res­frist, auf die der Waffen­still­stand von 1521 begrenzt worden war, den Zeitdruck noch erheblich erhöhte. Die bilate­ralen Unter­re­dungen, die größten­teils im Geheimen statt­fanden, zeitigten erstaunlicher- wie erfreu­li­cher­weise höchst positive Ergeb­nisse, so dass die angestrebte Trans­for­mation tatsächlich in Angriff genommen werden konnte. Dass dieser Prozess nahezu störungsfrei ablief, war nicht zuletzt der für das Unter­nehmen glück­lichen Fügung geschuldet, dass die Bauern­kriege im Heiligen Römischen Reich alle Aufmerk­samkeit der Herrschenden fesselten und weder der Kaiser noch die Fürsten das Geschehen im fernen Preußen im Blick behielten. 

Der staunens­werte Erfolg dieses zunächst kaum merklichen Übergangs war neben den günstigen Zeitläuften aller­dings nicht allein auf die Zielstre­bigkeit, die umsichtige Planung und das diplo­ma­tische Geschick des Markgrafen Albrecht zurück­zu­führen, sondern beruhte zu einem erheb­lichen Teil auch auf der Entschie­denheit und der Autorität des Bischofs von Samland, Georg von Polenz, der sich bereits in seiner auf Deutsch gehal­tenen Weihnachts­predigt des Jahres 1523 zur Lehre Luthers bekannt hatte und kurz darauf offiziell zum Protes­tan­tismus überge­treten war. Da er während der Abwesenheit des Landes­herrn in den Jahren von 1522 bis 1525 als Regent des Ordens sowie als oberster Kanzler des Staates amtierte, standen ihm alle Mittel zur Verfügung, unter Albrechts ausdrück­licher Zustimmung die Refor­mation in seinem Bistum
und darüber hinaus bereits 1524 flächen­de­ckend einzu­führen, und deshalb gelang es ihm, das Feld für die Säkula­ri­sierung der Herrschaftsform frühzeitig zu bereiten. So war es auch Georg von Polentz, sein bedeu­tender Mitstreiter, dem Martin Luther im April 1525 voller Freude schrieb: Vide mirabilia! Ad Prussiam pleno cursu plenisque velis currit Evangelium! [Siehe das Wunder! In voller Fahrt, mit prallen Segeln eilt das Evangelium nach Preußen!]

Die Gründung des ersten evangelischen Staates

Als es am 8. April 1525 – wenige Tage vor Ablauf der vierjäh­rigen Waffen­still­stands­ver­ein­barung – zum Friedens­schluss von Krakau kam, trat diese diskret vorbe­reitete Einigung zwischen Polen und dem Deutschen Orden für das Reich wie die Kirche überra­schend ein; und sowohl der Kaiser als auch der Pabst vermochten den ausge­han­delten Bedin­gungen, insbe­sondere der Säkula­ri­sation der geist­lichen Herrschaft in Preußenland, geradezu zwangs­läu­fi­ger­weise nicht zuzustimmen – selbst wenn damit ein jahrzehn­te­langer Konflikt beigelegt werden konnte. Karl V. verhängte gegen Albrecht 1532 sogar die Reichsacht, die aber wirkungslos blieb.

Neben der Möglichkeit, die Refor­mation erstmalig in einem Flächen­staat zu insti­tu­tio­na­li­sieren, war es für diesen Friedens­vertrag entscheidend, dass Albrecht das Ordensland dem polni­schen König zunächst abtreten sollte, um sodann damit wiederum belehnt zu werden. Diese Verpflichtung zum Lehnseid sollte auch auf die Erben des Herzogs übergehen. Ebenfalls belehnt wurden die Brüder des Herzogs aus der fränki­schen Linie. Dies hatte die recht­liche Wirkung, dass erst nach dem Aussterben aller männlichen Erben das Land wieder an die Krone Polen fallen würde. Diese erbrecht­lichen Regelungen zugunsten der Nachkommen legten eine dynas­tische Politik nahe, die 1599 zu einem Hausvertrag zwischen dem Kurfürsten Joachim Friedrich von Brandenburg und – als dem Vertreter der fränkisch-preußischen Linie – dem Markgrafen Georg Friedrich I. führte. Hier wurde die Unteil­barkeit sämtlicher Hohen­zol­lern­scher Lande zugunsten der branden­bur­gi­schen ­Linie vereinbart. Die staats­recht­liche Verknüpfung von Preußen und Brandenburg war damit nur noch eine Frage der Zeit. 

Am 9. Mai 1525 nahm Albrecht in Königsberg die Huldigung der Stände entgegen. Damit trat nun ein Herzogtum in die deutsche Geschichte ein, das den Namen Preußen führte. Damals konnte sich gewiss keiner der Betei­ligten vorstellen, welche überra­gende Bedeutung ein Staat dieses Namens in späterer Zeit für die deutsche und europäische Geschichte haben würde. – Die Umwandlung des Ordens­staates in ein weltliches Herzogtum gelang ohne irgend­welche Hemmnisse. Schon im Dezember beschloss der Landtag, der nun für gesetz­ge­be­rische Akte zuständig war, eine allge­meine Landes­ordnung; und das funkti­ons­tüchtige Herrschafts- und Verwal­tungs­system, das die Feudal­ver­fassung des Ordens mit seinen Gebie­tigern und Komturen heraus­ge­bildet hatte, konnte bruchlos in eine Regierung der Oberräte und Amtshaupt­leute überführt werden. Die hilfreichen Routinen dieser Verwal­tungs­tra­dition blieben somit gewahrt. Dabei entwi­ckelte sich übrigens auch die Bezeichnung »Landrat«, die heute noch in Deutschland eine besondere Bezeichnung für die Leiter der Kreis­ver­wal­tungen darstellt. 

Die politisch wie konfes­sionell unsichere Position seines neu konsti­tu­ierten Staates wusste Herzog Albrecht mit diplo­ma­ti­schem Geschick zu stabi­li­sieren. Zum einen knüpfte er Verbin­dungen zu evange­li­schen Herrschern und Städten im Reich, zum anderen bemühte er sich um engere Bezie­hungen zur Hanse sowie zu den Anrai­ner­staaten der Ostsee, die sich ebenfalls schon frühzeitig zum Protes­tan­tismus bekannt hatten. Dadurch vermochte er schon bald eine gewisse Autonomie gegenüber dem polni­schen König zu erlangen.

Der Herzog war überdies den Freien Künsten wie der Malerei und insbe­sondere der Musik an seinem Hof zugetan; vor allem aber förderte er die Wissen­schaft durch die Königs­berger Univer­sität, die Albertina, die er mit großer Weitsicht im August 1544 gründete und die sich bald zu einem intel­lek­tu­ellen und kultu­rellen Zentrum der Region entwi­ckelte. Ungeachtet der Probleme, Strei­tig­keiten und Intrigen, die Albrechts letzte Lebens­jahre überschat­teten, konnte die Geschichte somit ein Bild von ihm bewahren, das ihn mit Recht als einen klugen Staatsmann zeichnet, der, ohne über allzu viele eigene Macht­mittel zu verfügen, in einer histo­risch günstigen Konstel­lation einen tiefgrei­fenden und zukunfts­träch­tigen Wandel zuwege brachte und zudem seinen Staat und seine Verfassung nach Kräften förderte.