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Leben wie ein Graf

Schloss Krockow – ein Hotel mit einer langen Familiengeschichte

Wenn man auf der Straße von Stolp nach Putzig unterwegs ist und durch die Nordka­schubei fährt, fällt einem zuerst die markante Backstein­kirche von Krockow ins Auge, die mit ihren Doppel­türmen irgendwie anders aussieht als die meisten anderen Gottes­häuser in der Region. Das berühmte Schloss selbst entdeckt man erst, wenn man an der Kirche hält und zu Fuß weitergeht.

Neugierig geworden, betritt man entweder die Auffahrt, die von der Straße nach Neustadt abzweigt, oder den großzügig angelegten, einge­frie­deten Park, in den eine kleine Pforte führt. Nun muss vermittels einer Holzbrücke nur noch der Schloss­graben überwunden werden, und schon gelangt der Besucher auf den Innenhof – und wird sich nunmehr die Muße nehmen, die Schönheit der Fassade in Ruhe zu betrachten.

Hier war schon seit dem Mittel­alter die Familie v. Krockow ansässig. Krockow ?  Doch, der Name sagt einem etwas. Zwar stammt der als Publizist bekannt­ge­wordene Christian Graf v. Krockow (1927–2002) nicht von hier, sondern aus Rumbske im Kreis Stolp, aber die Familie v. Krockow war hier seit mindestens 1285 ansässig. Unter der kommu­nis­ti­schen Herrschaft verfiel das Anwesen nach 1945 zunehmend. Dank der „Wende“ konnten 1990 die „Stiftung Europäische Begegnung – Kaschu­bi­sches Kultur­zentrum Krokowa“ gegründet und neue Wege beschritten werden. Dazu hatte der frühere Kommu­nal­po­li­tiker im Kreis Trier-Saarburg Albrecht Graf von Krockow (1913–2007), der einzige Sohn der früheren Besitzer, der den Zweiten Weltkrieg überlebt hatte, gemeinsam mit dem Bürger­meister der Gemeinde Krockow, Dr. Kazimierz Plocke, die Initiative ergriffen. 1994 wurde dann das Schloss wieder­auf­gebaut und beher­bergt seitdem ein Hotel und ein Restaurant. Das Regio­nal­museum Krockow wird ebenfalls von der Stiftung getragen.

Im Hotel­be­reich ist eine kleine, wirklich sehens­werte Ausstellung  einge­richtet, das „Archivum Croco­vianum“, in dem die Famili­en­ge­schichte der Krockows genauer darge­stellt ist. Dort wird beispiels­weise von Albert Kaspar Ewald von Krockow gesprochen, dem (1823 verstor­benen) Sohn der kultur­ge­schichtlich höchst inter­es­santen Gräfin Louise von Krockow, der aufgrund der preußi­schen Boden­reform einen ansehn­lichen Teil des Besitzes verlor – und dem der Volksmund den Beinamen „Der Wilde Graf“ beilegte. Von beson­derem Interesse dürfte für den Besucher zudem die Geschichte der beiden älteren Brüder Albrecht v. Krockows sein, die zu Beginn des Zweiten Weltkrieges auf zwei verschie­denen Seiten kämpften – der eine in der polni­schen Armee, der andere in der Wehrmacht !  Von beiden sind im „Archivum Croco­vianum“ anspre­chende Porträts zu besichtigen.

Das Wichtigste – und Angenehmste – für den inter­es­sierten Westpreußen-Reisenden indessen dürfte das Hotel mit dem zugehö­rigen Restaurant sein. Hotel­di­rektor Selonke, ein Kaschube, ist in Sachen Qualität zu keinerlei Kompro­missen bereit ;  das merkt man schon beim Betreten der Hotel­halle am Empfang, an dem man ausge­sprochen zuvor­kommend begrüßt wird – und wenn man dann als Gast in den kostbar und stilvoll ausge­stat­teten Räumlich­keiten herumgeht, fühlt man sich in eine lange vergangene Zeit zurück­ver­setzt und träumt, man sei selbst von adliger Abstammung !  Die Zimmer sind ebenfalls geschmackvoll und sehr gemütlich einge­richtet und in der kalten Jahreszeit gut beheizt, was hier, in der Nähe der Ostsee­küste, nicht unwichtig ist.

Auch für das Restaurant gilt nicht zuletzt, dass in Bezug auf die Freund­lichkeit des Personals und die Qualität der Küche keinerlei Kompro­misse gemacht werden. Erst recht wissen der Koch und die Bedienung, dass das Auge mitisst, und getreu dem Motto Ephraim Kishons, dass Essen „die zweit­schönste Sache der Welt“ ist, werden die Mahlzeiten regel­recht zelebriert.

Wer Krockow besucht, darf selbst­ver­ständ­li­cher­weise am Regio­nal­museum, das sich hinter der Kirche außerhalb des Schloss­parks einge­richtet hat, nicht vorbei­gehen. Neben der Darstellung der Regio­nal­ge­schichte verdienen auch die Sonder­aus­stel­lungen, über die in dieser Zeitung schon des Öfteren berichtet worden ist (jüngst noch in DW 6/2018), stets Aufmerk­samkeit und Interesse. Ein Besuch in Krockow lohnt also allemal !

Rainer Claaßen

Weitere Infor­ma­tionen: zamekkrokowa.pl/de