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Zum guten Schluss

»Sehr hübsch! Es soll auf den anderen Bahnhöfen aber noch schöner werden.« Diese huldvoll-­aufmunternden Worte richtete Kaiser Wilhelm II. im Jahre 1908 bei der Besich­tigung der neuge­stal­teten U‑Bahnstation Kaiser­hof an den verant­wort­lichen Archi­tekten und Designer Alfred Grenander, der seit Beginn des 20. Jahrhun­derts in Berlin äußerst produktiv zu wirken begonnen hatte. Im selben Jahr noch reiste der gebürtige Schwede nach Westpreußen, gewiss nicht allein, um erneut dem Kaiser zu begegnen – in dieser Zeit war er an der Planung einer Eisen­bahn­brücke über die Weichsel bei Marien­werder beteiligt –, sondern wohl vor allem auch, um persönlich die König­lichen Majolika-Werkstätten in Cadinen zu besuchen; denn von hier bezog er jene Fliesen, die zum Ruhm für sein innova­tives Schaffen in der Reichs­haupt­stadt, gerade im Bereich der Unter­grund­bahnhöfe, beitrugen und deren frohes Farbspiel nicht nur den Monarchen begeis­terten. Da Grenander verstärkt mit eigenen künst­le­ri­schen Entwürfen hervortrat, wollte er die Produktion der Wandfliesen nun selbst vor Ort begleiten, insbe­sondere auch im August 1912, einige Monate vor der Fertig­stellung und Eröffnung des U‑Bahnhofs Kloster­straße. – Wie verwirrend modern die Konzeption einer Ästhe­ti­sierung von Gebrauchs­architektur auf die Zeitge­nossen gewirkt haben dürfte, lässt sich heute immer noch erahnen, wenn man aus der Betrieb­samkeit der Stadt oder aus dem Gedränge der Bahnen heraus die Vorhalle der Station erreicht: Gebannt bleibt der Blick an der Wandver­kleidung haften, und man meint, seinen Augen nicht trauen zu dürfen. Der Schein trügt aller­dings keineswegs: Die stili­sierte Palmen-Darstellung aus neuba­by­lo­ni­scher Zeit, die Berliner Museums­be­su­chern vom Publi­kums­ma­gneten des Ischta­tores vertraut sind, zieren tatsächlich den Weg der Vorüber­ge­henden. Lange bevor sie im Perga­mon­museum zu sehen waren, sollte dieses Motiv damals bereits an dieser Stelle – im U‑Bahnhof – auf das Wirken des Mäzens James Simon anspielen, durch den die archäo­lo­gi­schen Forschungen in Babylon großzügig gefördert wurden und dessen Firma in der Nähe der Station ihren Sitz hatte. – Neben dem Bahnhof Kloster­straße gibt es noch eine Fülle weiterer heraus­ra­gender, oftmals denkmal­ge­schützter Zeugnisse, die den aufmerk­sa­meren Stadt­gänger an den umtrie­bigen, genialen Baumeister aus Schweden – und großen Liebhaber westpreu­ßi­scher Majolika – erinnern.

Text: Ursula Enke
Foto: Foto: Yannik Steffens