Wer zu Besuch in Namibias Hauptstadt Windhoek kommt, mag erstaunt sein, wenn er in der Parkanlage vor dem Wahrzeichen der Stadt, der 1911 erbauten Christuskirche, einen Gedenkstein entdeckt, den man so im südlichen Afrika nicht erwarten würde – trägt dieser doch die Aufschrift „Ostdeutsche Provinzen unvergessen“. Einen Hinweis auf die Geschichte dieses Denkmals gibt die Inschrift: „Gestiftet von den Ostpreußen in SWA-Namibia 4. 3. 1989“. Damit ist der Stein nicht nur ein Ort der Erinnerung an Flucht und Vertreibung, sondern zudem daran, dass viele Vertriebene der Weg nach 1945 über die Bundesrepublik hinaus in andere Länder und Kontinente führte. Die ersten Ost- und Westpreußen gelangten jedoch schon zur Zeit der Kolonie Deutsch-Südwestafrika in das heutige Namibia. Sie kamen „meistens als Angehörige der Schutztruppe, von denen etliche später blieben, oder auch direkt als Farmer“, schreibt der ostpreußische Historiker Wolfgang Reith, der seit Jahrzehnten in und über Südwestafrika/Namibia forscht: „Die nächste Gruppe folgte nach dem Ersten Weltkrieg und stammte zu einem großen Teil aus jenen Gebieten Westpreußens, die 1920 an den neu entstandenen polnischen Nationalstaat abgetreten worden waren.“ Andere Westpreußen gelangten während des 20. Jahrhunderts auch in den Staat Südafrika, unter dessen Verwaltung Südwestafrika bis 1990 stand. Hier gründete sich noch im Jahre 1976 die „Landsmannschaft Ost- und Westpreußen S.A.“.
Text: Tilman Asmus Fischer
Foto: Fabian Neumann