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Zum guten Schluss

Wenn ein Fotograf eine Westpreußen-Rundfahrt unter­nimmt, um die Burgen im Ordensland zu dokumen­tieren, und selbst wenn er die Bauwerke dabei auch unter ungewohnten Perspek­tiven ablichten möchte, rechnet er nicht unbedingt damit, in Rehden vor der Ruine des Süd-West-Turms in luftiger Höhe ein Brautpaar zu entdecken, das in einer kleinen Arabeske eine Herz-Form nachbildet, um derart einem anderen profes­sio­nellen Fotografen ein symbol­ge­sät­tigtes Bild-Motiv zu bieten. Gewiss – Rehden liegt kaum 40 Kilometer von Kulm entfernt, das sich seit längerem mit Erfolg als „Stadt der Verliebten“ etabliert hat (sowie vermarktet); da mag sich für das „Fotoshooting“ ein Ausflug zur pitto­resken Burg in der Nähe durchaus anbieten. In der feinen Festkleidung den durchaus beschwer­lichen Weg bis zu diesem Aussichts­punkt zurück­zu­legen, erscheint für ein privates Erinne­rungsfoto aller­dings ziemlich aufwändig. Hier dürfte sich vielmehr die Absicht zeigen, mit dieser Aufnahme eine größere Öffent­lichkeit zu erreichen, indem sie bei „Instagram“ hochge­laden wird – und dann Betrachter sogar dazu anregen könnte, diesen Ort ebenfalls für ein Hochzeitsfoto aufzu­suchen. Vielleicht bieten die sozialen Medien damit eine Chance, den alten Ordens­burgen bei jungen Leuten eine unerwartete, neue Popula­rität zu verleihen? 

Erik Fischer