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Ein Danziger „SPD- und KPD-Bonze“ hinter Gittern

Die Aktion „Gewitter“ vom August 1944

Von Piotr Chruścielski

Wenige Wochen nach dem gescheiterten Attentat auf Adolf Hitler vom 20. Juli 1944 erfasste eine reichsweite Verhaftungswelle ehemalige Reichstags‑, Landtags- und Stadtabgeordnete aus den Reihen der alten Opposition. In Danzig betraf sie auch Emil Straphel (1895–1965), der sich als Funktionär in der politischen Linken engagiert hatte und dessen Lebensweg vom Kaiserreich bis in die Nachkriegszeit hinein ein aufschlussreiches Beispiel für eine ostdeutsche Biographie aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts bildet.

Darf man dem Danziger   Vorposten, einem NSDAP-Organ, Glauben schenken, so war der Heumarkt am 21. Juli 1944 „das Ziel ungezählter Tausende von Danzigern, die in den Abend­stunden hierher eilten, um in einer macht­vollen, aus einem tiefen Herzens­be­dürfnis kommenden Volkskund­gebung ihrer felsen­festen Treue zum Führer Adolf Hitler Ausdruck zu geben“. Dieser war am vergan­genen Tag nur knapp dem Tode entronnen, als in der Nähe von Rastenburg in Ostpreußen ein Bomben­an­schlag auf ihn verübt wurde. Das Attentat war ein Zeichen des militä­ri­schen und bürger­lichen Wider­standes gegen ihn. Für das Regime war „der verei­telte Dolchstoß“ – ein Begriff, mit dem die Nazi-Propaganda den misslun­genen Staats­streich diskre­di­tierte – das Signal, dass es mit all seinen Gegnern endgültig abrechnen müsste, wollte sich das „Dritte Reich“ noch über Wasser halten. So wie die Presse im ganzen Reich, nahm auch Der Danziger Vorposten an jenen Tagen einen beschwö­renden Ton an und entwarf in der Ausgabe vom 22. Juli 1944 ein verklärtes Bild der Danziger Bevöl­kerung, die in NS-Uniform vom Theater­platz auf den Heumarkt marschierte, um ein Treue­ge­löbnis auf Hitler abzulegen. War der Opposi­tio­nelle Emil Straphel Zeuge dieser Veran­staltung? Konnte er ahnen, dass bald reichsweit Verhaf­tungen einsetzen würden, von denen er und viele seines­gleichen betroffen wären?

Straphels Gegenpositionen

Viele Jahre zuvor, am 16. Dezember 1918, war der Heumarkt Schau­platz eines anderen politi­schen Ereig­nisses gewesen. Im Zeichen der Novem­ber­re­vo­lution und am Vorabend der Gründung der Kommu­nis­ti­schen Partei Deutsch­lands organi­sierte die lokale Sparta­kus­gruppe, eine Verei­nigung von marxis­ti­schen Sozia­listen, eine Kundgebung. An der Versammlung nahm sicherlich auch der am 29. Oktober 1895 geborene Emil Straphel teil, der gerade nach Danzig zurück­kehrte. Die vorigen Jahre hatte er fern der Heimat verbracht. In Hamburg setzte der junge Danziger seine Lehre als Maschi­nen­bau­hand­werker fort, die er in der Kaiser­lichen Werft angetreten hatte, und fuhr anschließend zur See. Mit politi­schen Fragen kam er wohl in dieser Zeit näher in Berührung. 1913 engagierte er sich gewerk­schaftlich und wurde Mitglied des Deutschen Transportarbeiter-Verbandes. 1915 erfolgte Straphels Einbe­rufung zur Marine. Da er die illegalen „Sparta­kus­briefe“, program­ma­tische Aufsätze der gegen den Krieg auftre­tenden Sparta­kisten, verbreitete, verur­teilte das Kriegs­ge­richt in Kiel ihn 1917 zu drei Monaten Festungshaft und versetzte den Matrosen in die zweite Klasse des Soldatenstandes.

Nach der Demobi­li­sierung kam Straphel in seine Heimat­stadt zurück. Er fand Beschäf­tigung als Maschi­nen­bauer in der Eisenbahn-Hauptwerkstatt Danzig-Troyl und engagierte sich im Sparta­kusbund, der in der KPD aufging. In den folgenden Jahren wurde der junge Aktivist Distrikts­leiter, Mitglied der Bezirks­leitung und des Zentral­aus­schusses, Vorsit­zender der Organi­sation Rote Hilfe, Leiter der parami­li­tä­ri­schen Roten Marine und Vorsit­zender des Danziger Zentralen Erwerbs­lo­sen­rates. Eine Zeit lang war er auch für die Herausgabe der Schrift Der Erwerbslose zuständig, die auf den Unwillen der Regierung der Freien Stadt stieß. Denn das Wochen­blatt ermutigte seine Leser, angesichts der grassie­renden Arbeits­lo­sigkeit ihren Ansprüchen durch Demons­tra­tionen Ausdruck zu verleihen. Ende der 1920er Jahre standen Straphel und die KPD an einer Wegga­belung. Da er mit dem Leninbund, den linken Kräften innerhalb der Partei, sympa­thi­sierte, musste er sie 1929 verlassen. 1931 trat er in die SPD ein. In der Zeit der Festigung der eigenen Position durch die Natio­nal­so­zia­listen übte Straphel Funktionen als Vorsit­zender des Arbeiter-Sängerbundes und zweiter Vorsit­zender des Arbei­ter­kul­tur­bundes sowie des Freiden­ker­ver­bandes aus. Er war Mitglied des Vorstandes im Deutschen Metallarbeiter-Verband und gehörte in den Jahren von 1935 bis 1937 der Danziger Stadt­bür­ger­schaft an. Da die Terror­ak­tionen gegen die Opposition an Stärke gewannen, engagierte sich Straphel auch in der Sozia­lis­ti­schen Sport-Stafette, einer Tarnor­ga­ni­sation zum Schutz gegen die Braun­hemden. Am 12. Juni 1936 wurde er bei einer Flugblatt­ver­breitung in der Nieder­stadt von ca. 20 bis 30 Nazis überfallen. Zwei Tage zuvor hatte die NSDAP ihre Organi­sa­tionen aufge­fordert, Flugblatt­ver­teiler der SPD abzufangen, weil das Flugblatt eine Fortsetzung des verbo­tenen Presse­organs Danziger Volks­stimme darstellte. In Notwehr fügte Straphel einem SA-Mann schwere Verlet­zungen zu. Im Herbst 1936 verur­teilte ihn das Gericht zu zwei Jahren Gefängnis. Er verbrachte insgesamt 27 Monate in Gefäng­nissen in Danzig und Stuhm. Als er aus der Haft entlassen wurde, existierte die Danziger SPD nicht mehr. Sie war am 14. Oktober 1936 aufgelöst worden. Seine Funktionen im öffent­lichen Leben musste Straphel vollständig aufgeben. Fortan arbeitete er als Maschinist in der Danziger Werft.

Ein Gewitter bricht los

„Bei Kriegs­aus­bruch und Einver­leibung Danzigs in das ‚1000-jäh­rige Reich‘ wurde ich auf einige Tage unter tägliche Melde­pflicht bei dem SD [Sicher­heits­dienst] von meiner Funktion als leitender Dockma­schinist entfernt und nach Unter­stellung unter die Kontrolle eines Nazi-Ingenieurs wieder einge­setzt“, schil­derte Straphel seine Erleb­nisse zu Beginn der Kriegszeit in Danzig. Nach der Zerschlagung der Opposition hatte Straphels hitler­feind­liche Tätigkeit nur noch symbo­li­schen Charakter, desgleichen die konspi­rative Arbeit seiner Kameraden. Immerhin wurden illegale Zusam­men­künfte organi­siert und Geldspenden für Familien von KZ-Insassen gesammelt. Straphels Wohnung war einer der Treff­punkte der Oppositionellen.

Obwohl Straphel am „General­putsch“, dem versuchten Staats­streich vom 20. Juli, nicht beteiligt war, wurde er in den Morgen­stunden des 22. August 1944 von der Gestapo festge­nommen und zum Verhör in das Stadt­ge­fängnis an der Schieß­stange überführt. Die Inhaft­nahme von ehema­ligen Mitgliedern von SPD, KPD und Zentrums­partei wurde vom Amt IV des Reichs­si­cher­heits­haupt­amtes in Berlin koordi­niert und gemäß der einschlä­gigen Gestapo-Erlasse an alle Staatspolizei(leit)stellen vom 17. und 21. August 1944 in Gang gesetzt. Die reichs­weite Verhaf­tungs­welle bekam den Namen „Gewitter“ bzw. „Gitter“. Die Aktion sollte alle ehema­ligen Reichstags‑, Landtags- und Stadt­ab­ge­ordnete aus den Reihen der alten Opposition erfassen. Der Haftgrund war deren früheres politi­sches Engagement, das in den Augen des NS-Regimes gerade jetzt – mitten im „Schick­sals­kampf“ – eine lauernde Gefahr für den „Bestand und die Sicherheit des Volkes und Staates“ darstellte. Der 22. August markierte den Beginn der Verhaf­tungen, bei denen man auf alte Polizei­kar­teien zugriff. Da Straphel einst zu den „SPD- und KPD-Bonzen“ an der Mottlau gehört hatte, stand auch sein Name auf den in aller Eile gefer­tigten Listen.

Im – an das Danziger Gerichts­ge­bäude angren­zenden – Unter­su­chungs­ge­fängnis traf Straphel auf andere hitler­feind­liche Akteure der Politik in der Freien Stadt. Einige von ihnen wurden anscheinend freige­lassen. Andere, wie Straphel, kamen noch am selben Tag (ohne förmlichen Haftbefehl, geschweige ein Gerichts­ver­fahren) ins KZ Stutthof ;  mit ihm 28 weitere Personen, u. a. sein Partei­kollege Paul Klossowski :  „Bei meiner Einlie­ferung wurde ich, als wir auf dem Platz standen, von ihm [Lager­kom­man­danten Paul Werner Hoppe] als Ältester zuerst vorge­rufen. Ich wurde dabei von einem Sturm­führer als früherer Arbei­ter­funk­tionär bezeichnet. Anhand der Akten ist festge­stellt worden, dass ich früher Volks­tags­ab­ge­ord­neter, Gewerk­schafts­funk­tionär und Partei­vor­sit­zender der SPD war. Hoppe fragte mich, d. h. er brüllte mich an, ob ich immer noch Marxist sei. Ich habe darauf geant­wortet, dass ich meine Gesinnung nicht wie ein schmut­ziges Hemd wechseln könne. Er sagte hierbei wörtlich :  Sehen da den Rauch steigen ?  Das ist das Krematorium.“

Konzentrationslager Stutthof

Häftlings­kleidung, Regis­trie­rungs­nummer (69 655) und ein roter Winkel reihten Straphel zwar in die bestehende Häftlings­ge­sell­schaft ein, aber freilich galten er und seine Kameraden als „privi­le­gierte“ Häftlinge. Außer einer Frau wurden sie im Block 5 im sogenannten Neuen Lager unter­ge­bracht. Sie hatten eine halbe Baracke für sich, jeder sein eigenes Bett, während die anderen Gefan­genen auf engstem Raum hausen mussten. Sie brauchten auch nicht zur Arbeit. Diese Behandlung ist wahrscheinlich mit einem hekti­schen Entschei­dungs­ablauf und einer abwar­tenden Haltung der Lager­kom­man­dantur zu erklären. Dementspre­chend hat die nach 1945 vorge­brachte Behauptung des Ex-Kommandanten – er habe die „Gewitter“-Gefangenen „wie ein rohes Ei“ behandeln müssen – einen gewissen Wahrheitsanspruch.

Straphel und die anderen litten vielmehr unter der Ungewissheit, wie es der ehemalige Vorsit­zende der Zentrums­partei in Danzig, Richard Stachnik, in seinen Erinne­rungen festhielt :  „Dabei mussten wir einige Male stundenlang herum­stehen, weil einige Männer ‚abhanden gekommen‘ waren ;  sie wurden mit Polizei­hunden – auch in der Kanali­sation – gesucht. Es gingen dabei Schau­er­märchen um :  Einen Flüchtling hatten die Polizei­hunde, gehetzt von ihren Führern, in der Kanali­sation zu Tode gebissen und zerfleischt ;  einem anderen hätten die Henker die Arme hinter dem Rücken zusam­men­ge­bunden und dann an seinen Händen an einem Gerüst hochge­zogen und natürlich die Arme vollständig ausgekugelt.“

Unter­dessen entschied das Reichs­si­cher­heits­hauptamt über die gestellten „Schutzhaft“-Anträge. Da die Aktion „Gewitter“ („Gitter“) kritisch beurteilt wurde, kamen die meisten Verhaf­teten nach wenigen Wochen wieder frei. (Das galt auch für jene Häftlinge, die neben der Gruppe vom 22. August bis Ende Oktober 1944 im Rahmen der Aktion nach Stutthof einge­liefert worden waren :  nachweislich 34 Personen aus den Regionen Danzig-Westpreußen, Pommern und Ostpreußen ;  nach dem heutigen Wissens­stand waren insgesamt 63 Stutthof-Häftlinge von der Aktion betroffen). Straphel wurde am 1. September 1944 entlassen, ebenso Stachnik :  „Wir bekamen unsere Privat­kleidung zurück und kleideten uns um. Dann erschien höchst­per­sönlich der Lager­kom­mandant Hoppe. Er erklärte uns, wir würden nun entlassen. Dabei schärfte er uns ein, nichts über die Verhält­nisse im Lager draußen verlauten zu lassen, sonst würden wir wieder festge­setzt.“ Dazu musste sich jeder Häftling durch Unter­schrift verpflichten. Straphel selbst erklärte sich seine Freilassung mit der Fürsprache seiner Vorge­setzten bei der Polizei, da sie angeblich keinen Ersatz für ihn in der Werft finden konnten, aber in Wirklichkeit hatte man unabhängig davon über sein Schicksal entschieden. „Pflicht war, dass ich [Straphel] mich nach der Entlassung aus dem KZ täglich beim Erken­nungs­dienst der Gestapo, Dienst­stelle Werft melden musste. Diese Melde­pflicht erfuhr durch das Näher­rücken der russi­schen Front weitere Lockerungen.“

Ein neuer Anfang

Noch kurz vor der Einnahme Danzigs durch die Rote Armee wurde Straphel wegen „Verächt­lich­ma­chung der Wehrmacht“ angezeigt. Da die Stadt bereits unter Beschuss stand, war es ihm möglich, sich verborgen zu halten. Nachdem die Kriegs­hand­lungen am 30. März 1945 einge­stellt worden waren, kam er ins Narvik­lager. Dies war früher ein Arbeits­lager für auslän­dische Zwangs­ar­beiter, welches nun die Funktion eines Arbeits- und Durch­gangs­lagers für die von der Aussiedlung betrof­fenen Deutschen einnahm. Straphel kam nach Pölitz bei Stettin (Zivil­ge­fan­ge­nen­lager „Pommern­lager“) und im Frühjahr 1946 nach Schwerin. In den zurück­lie­genden Monaten hatte er sich wieder den Kommu­nisten angeschlossen und trat nun der SED bei. Ob als Kreis­vor­sit­zender und Kreis­se­kretär beim Freien Deutschen Gewerk­schaftsbund, ob als erster Landes­vor­sit­zender der Indus­trie­ge­werk­schaften Handel und Transport in Rostock – Straphel konnte seinen Weg zum Sozia­lismus fortsetzen. 1950 schlug er schließlich das Kapitel der „Warnow­werft“ in Warne­münde auf. Er brachte es in diesem VEB zum stell­ver­tre­tenden Direktor in der Kultur-Abteilung und leitete, nachdem die Stelle elimi­niert worden war, das Klubhaus und dann den Vetera­nenklub unter dem Schirm der Volks­so­li­da­rität, einer Hilfs­or­ga­ni­sation der DDR. Er war anerkannter Verfolgter des Nazire­gimes, Träger der „Medaille für Kämpfer gegen den Faschismus 1933–1945“ und der „Medaille für die Teilnahme an den bewaff­neten Kämpfen der deutschen Arbei­ter­klasse in den Jahren 1918–1923“ und erhielt eine Ehren­pension. Er starb am 21. Oktober 1965.

Die Perspektive der Töchter

„Im Prinzip hat er nichts erzählt“, sagt Straphels Tochter Barbara Glück (geb. 1950), als die Frage nach der Aufar­beitung der Famili­en­ge­schichte in den Vorder­grund rückte. Sie und ihre Schwester Sonja Knischke (geb. 1952) besuchten die Gedenk­stätte Stutthof im Mai 2018. Der Sparta­kusbund und das KZ seien zwar in den Erinne­rungen ihres Vaters aufge­taucht, aber er habe „nichts Konkretes“ gesagt und alles „kindlich verpackt“. Denn Sonja und Barbara waren sehr jung. Als Straphel starb, war die eine erst 13 und die andere 15 Jahre alt. Aller­dings habe er über die Vergan­genheit in Schulen erzählt. Er diente dem offizi­ellen Geschichtsbild als Zeitzeuge. „Er wollte uns damit nicht belasten“, meint Barbara. Beide Schwestern sind sich darin einig, dass ihr Vater mit vielem nicht fertig­ge­worden sei und viel verdrängt habe. Sein Taten­drang war sicherlich ein taugliches Mittel, mit der Vergan­genheit zurechtzukommen.

Es verwundert nicht, dass Straphels Töchter kaum weiter­füh­rende Fragen stellten :  „Wir waren zu dem Zeitpunkt noch nicht reif für solche Gedanken“, erläutert Sonja. Und Straphel selbst wollte in die Zukunft schauen. Seine Töchter sollten sich politisch engagieren und technische Berufe erlernen. „Das haben wir ihm versprochen und auch gemacht. Auch wenn man nachher merkte, es war doch nicht so gut. Aber zu seiner Zeit, wo er uns das gesagt hat, war das für ihn noch aus vollem Herzen, dass er meinte, das wäre eine gute Sache“, erzählt Sonja. Beide traten in die Partei ein. Barbara erlernte den Beruf des Schiffs­schlossers und wurde Mitglied der Stadt­ver­ord­ne­ten­ver­sammlung in Rostock. „Er hat uns schon geprägt, weil wir alles, was er sich für uns vorge­stellt hatte, versucht haben durch­zu­setzen“, sagt Sonja.

Dass die Töchter in liebe­voller Verehrung an ihren Vater denken, ist verständlich, desgleichen die ängst­liche Anspannung, mit der sie ihre „Reise in die Vergan­genheit“ antraten. Was würden sie jetzt erfahren ?  „Sind das alles positive Sachen  ?“, überlegt Barbara im Rückblick. Eine Zwiespäl­tigkeit, die am Ende doch in den Hinter­grund gedrängt wurde. Der Besuch im ehema­ligen KZ war für beide zwar „aufwühlend“, aber wichtig :  „Natürlich ist es schlimm, was Deutschland gemacht hat, aber wir waren noch nicht geboren und hätten es auch dadurch nicht beein­flussen können, aber unser Vater hat es für uns gemacht. Und das gibt mir ein gutes Gefühl“, sagt Sonja. „Ein besseres Gefühl“, berichtigt sie Barbara.

Und Straphel selbst ?  Welche Gefühle mögen ihn bewegt haben, wenn er aus der Perspektive eines Opposi­tio­nellen heraus auf die Zeit von 1933 bis 1945 zurückschaute?

Der Lebensweg von Emil Straphel wurde größtenteils anhand von Unterlagen aus den Beständen des Landesarchivs Greifswald und des Museums Stutthof in Sztutowo rekonstruiert. Das Zitat von Paul Klossowski stammt aus Beständen des Landesarchivs Nordrhein-Westfalen, Abteilung Westfalen, in Münster. Die Schilderung von Richard Stachnik wurde seinen unveröffentlichten Erinnerungen entnommen, die dem Autor freundlicherweise von Hildegard Stachnik zur Verfügung gestellt wurden. – Das Gespräch mit Barbara Glück und Sonja Knischke fand im Museum Stutthof am 16. Mai 2018 statt.